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Filme im Kino

MoX Kino-Tipps KW2015.05.2024













Texte: Horst E. Wegener


Auf trockenen Gräsern
Türkei/Frankreich/ Deutschland/Schweden ´23: R: Nuri Bilge Ceylan. Ab 16.5. Wertung: **** Bild: Nuri Bilge Ceyla
Der da zu Beginn des Films inmitten der tiefsten ostanatolischen Provinz aus dem Bus steigt, um sich seinen Weg durch eine tiefverschneite einsame Landschaft zu bahnen, hat die zurückliegenden Winterferien im weit entfernten kulturellen melting pot Istanbul verbracht – und kehrt nun rechtzeitig vor Beginn des neuen Schulhalbjahres an seine aktuelle Wirkungsstätte als Lehrer zurück. Wie in der Türkei üblich, muss der Kunst unterrichtende Städter Samet (Celiloglu) den pädagogischen Pflichtdienst irgendwo in einer der entlegenen Regionen der Republik ableisten, kann sich nach vier Jahren Dienst im Nirgendwo allerdings verstärkte Hoffnungen auf eine Versetzung in die ihm bestens vertraute Intellektuellen-Szene von Istanbul machen. Nicht dass er von den größtenteils kurdischen Bevölkerung in der Einöde ignoriert oder als Fremder gebrandmarkt werden würde, ganz im Gegenteil. Zudem versteht sich Samet mit seinem Mitbewohner Kenan (Ekici), der ebenfalls an der Dorfschule unterrichtet bestens, wird von seiner Schulklasse als nicht prügelnder Pädagoge allgemein geschätzt. Dass es womöglich ein Fehler war, der Achtklässlerin Sevim (Bagci) etwa beiläufig einen Taschenspiegel zu schenken, kommt Samet erst im Nachhinein in den Sinn – denn eigentlich ging es ihm einzig und allein darum, diese begabte Schülerin nach Kräften zu fördern. Jedenfalls werden sowohl er als auch sein Kollege Kenan dann eines Tages vom Direktor der Schulbehörde vorgeladen und mit der bewusst vage formulierten Anklage konfrontiert, sie beide seien unangemessen mit Schülerinnen umgegangen. So haltlos diese anonym vorgebrachten Anschuldigungen auch seien mögen, weshalb sie nach einiger Zeit wieder fallengelassen werden – das Misstrauen bleibt. Samet sieht seine Versetzung gefährdet, reagiert zusehends verbittert. Da obendrein sowohl er als auch Kenan sich in die mit den Linken sympathisierende Kollegin Nuray (Dizdar) verlieben, wachsen die Spannungen und Eifersüchteleien zwischen den beiden Männern stetig. Autorenfilmer Nuri Bilge Ceylan gilt als der bedeutendste türkische Regisseur der Gegenwart. Sein „Drei Affen“ katapultierte sich als erster türkischer Film überhaupt auf die Shortlist für den Auslands-Oscar. Die Arbeit wurde zudem wie „Es war einmal in Anatolien“ in Cannes ausgezeichnet. Mit „Winterschlaf“ gewann Ceylan dort 2014 die Goldene Palme; die Hauptdarstellerin der „Auf trockenen Gräsern“-Lehrerin Nuray, Merve Dizdar, wurde im Vorjahr für ihre beeindruckende Leistung in Ceylans Wettbewerbsbeitrag geehrt. Wie stets in den elegisch-melancholischen Epen des Autorenfilm-Großmeisters passiert wenig im mehr-als-Dreistünder, wird viel gesprochen; wichtig ist, was nicht passiert. Darüber hinaus punktet „Auf trockenen Gräsern“ mit beeindruckenden Kulissen, die oftmals jenen Seelenlandschaften der männlichen Darsteller entsprechen, die sich auf der Suche nach einem sinnvolleren Leben wie ein strauchelnder Sisyphos fühlen, während die weiblichen Figuren sich für ihre Überzeugungen mit aller Kraft verbal ins Zeug legen und kämpfen. Die Nähe zu den Theaterdramen eines Anton Tschechow ist nicht nur in puncto Dialoglastigkeit unüberhörbar; Bildungsbürgerkino par excellence.  
D: Deniz Celiloglu, Merve Dizdar, Musab Ekici, Ece Bagci, Erdem Senocak.


Ich Capitano
Italien/ Belgien/ Frankreich ´23: R: Matteo Garrone. Ab 16.5. Wertung: **** Bild: Greta De Lazzaris
Sie leben im Senegal und träumen von Europa. Dort hoffen der junge Seydou (Sarr) und sein Cousin Moussa (Fall) auf eine Karriere als HipHop-Stars. Für ihren Trip gen bessere Zukunft haben die beiden  Jungs heimlich Geld gespart. Und ungeachtet des Verbots von Seydous verwitweter Mutter (Sy), diese gefährliche Reise bloß nicht in Erwägung zu ziehen, aber abgesichert durch den Segen des Dorfschamanen, treten die Zwei eines Nachts ihren Weg nach Norden an – zunächst per Bus in Richtung Niger. Doch die Ersparnisse werden schnell weniger und die Transportoptionen durch die Sahara unberechenbar und lebensbedrohlich. Als die Freunde bei einem Überfall in der Wüste getrennt werden, nimmt die Reise zusehends alptraumatische Züge an. Selbst die Fahrt übers Mittelmeer, für die der unerfahrene Seydou die Rolle des Bootskapitäns aufgezwungen bekommt, garantiert keinem der Möchtegern-Migranten ein Happy End – eine Odyssee, die den anfangs so unverdrossen optimistischen Träumer Seydou entsetzlich altern lässt… Matteo Garrones Flüchtlingsdrama „Ich Capitano“, konsequent aus der Sicht der Jungs erzählt, zeigt die grausame Realität, die sich oft hinter den marginalen Schlagzeilen westlicher Medien versteckt – und verdeutlicht mit zuweilen dokumentarisch-märchenhaften Bildern, dass es sich hierbei um eine der größten humanitären Katastrophen handelt, die sich tagtäglich am südlichen Rand Europas abspielt. In Venedig gab es dafür im Vorjahr zurecht den Regiepreis.
D: Seydou Sarr, Moustapha Fall, Issaka Sawadogo, Hichem Yacoubi, Doodou Sagna, Khada Sy.


Das Zimmer der Wunder
Frankreich ´23: R: Lisa Azuelos. Ab 16.5. Wertung: **** Bild: SND
Das Leben der allein erziehenden Lagerarbeiterin Thelma Carrez (Lamy) wandelt sich radikal, als ihr zwölfjähriger Sohn Louis (Questel) bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und im Krankenhaus ins künstliche Koma versetzt wird. Die Ärzte machen weder ihr noch Louis´ Großmutter Odette (Robin) groß Hoffnungen, dass der Zwölfjährige irgendwann wieder aufwachen mag – doch das ficht die beiden Frauen nicht an. Als Thelma dann eines Tages das Notizbuch ihres Sprösslings unterkommt, stechen ihr darin zehn Dinge ins Auge, die Louis vor dem Ende der Welt noch erledigen wollte. In der festen Überzeugung, dass ihr Sohn aufwachen wird, wenn sie diese Wunder an seiner Stelle realisiert und ihm hernach davon erzählt, bricht Thelma zu Reisen auf, die sie unter anderem an die Côte dÁzur, nach Portugal, Japan und Schottland führen. Und obwohl die Wünsche-Erfüllerin nicht mal über besonders viel Geld verfügt, jettet sie sogar nach Japan, auf der Suche nach einem berühmten Manga-Autoren, der das Skateboard ihres Filius handsignieren soll - und läuft in Tokio ausschließlich Menschen übern Weg, die ihre Sprache nicht verstehen. Dennoch erweist sich als schwierigster Wunsch Louis´ Vorhaben, wenigstens einmal seinen Vater zu treffen. Wie auch immer: Wenn Thelma zuguterletzt einen Brief an den Menschen schreibt, „der ich in zehn Jahren sein werde“, ist´s klar, dass sie sich mit der Herausforderung einer jeden Wunsch-Erfüllung weiterentwickeln konnte, ja selbst tief sitzende Ängste überwindbar wurden. Das einfühlsame Melodram über eine intensive Mutter-Sohn-Beziehung beruht auf einem Roman-Bestseller von Julien Sandrel, besticht durch eine stets nachvollziehbare Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen – und punktet mit einer überaus wandlungsfähigen Hauptdarstellerin.
D: Alexandra Lamy, Muriel Robin, Hugo Questel, Xavier Lacaille, Martine Schambacher.


IF
USA ´24: R: John Krasinski. Ab 16.5. Wertung: **** Bild: Paramount Pictures
Die kleine Bea (Fleming) verfügt über Fähigkeiten, die reinen Fantasiegestalten anderer Kinder ebenso sehen zu können. Dieses Talent macht alles um sie herum viel bunter und aufregender, lässt das Mädchen mitsamt ihrem erwachsenen Nachbarn Cal (Reynolds), dem Beas Einfühlungsgabe ebenfalls gegeben ist, in die unglaublichen Welten der imaginären Freunde, kurz IFs, eintauchen. Gemeinsam lernt man die unterschiedlichsten Gestalten kennen, geht mit ihnen auf Reisen voller Nostalgie und Fantasie – und muss dann leider feststellen, dass imaginäre Freunde wie das flauschige Monster Blue, der Schmetterling Blossom und das Einhorn Eini in eine Existenzkrise geraten, weil ihre einstigen Schöpfer mittlerweile erwachsen und an ihnen nicht mehr interessiert sind…
Ein trick- und storytechnisch rundweg gelungenes Kino-Märchen, zudem sehenswert besetzt, das perfekt zwischen Spaß und Nachdenklichkeit gradwandert – und somit jung und alt gleichermaßen mehr als nur entertainen dürfte. Kurzum: äußerst empfehlenswert.
D: Ryan Reynolds, Cailey Fleming, John Krasinski, Fiona Shaw, Alan Kim, Liza Colón-Zayas.

Tarot – Tödliche Prophezeiung
USA ´24: R: Spenser Cohen. Ab 16.5. Wertung: *** Bild: CTMG
Sie sind jung, übermütig – und missachten leichtsinnigerweise die heiligen Regeln des Tarot-Spiels, indem die Freundesclique versehentlich einen unaussprechlichen Fluch entfesselt, der nicht ohne Grund in den mysteriösen Karten gefangen war. Da aber mit den somit freigesetzten Dämonen aus dem Jenseits partout nicht zu spaßen ist, wird Haley (Slater) und ihre Tarot-Clique alsbald eine nach der anderen mit ihrem fürchterlichen Schicksal konfrontiert und muss genretypisch das Leben lassen – was zuweilen auf äußerst grausame Art und Weise geschieht.
Dass „Tarot – Tödliche Prophezeiung“ ansonsten eher klassisch gruselig in Szene gesetzt wird, fußt möglicherweise auf der Vorlage, dem Horror-Thriller „Horrorscope“, den Beststellerautor Nicholas Adams 1992 verfasste. Trotzdem führt an der berechtigten Warnung kein Weg vorbei: Sensible Naturen und Mimosen sollten das Geld fürs Kino-Ticket lieber in die Anschaffung von Adams leicht lesbarer Romanlektüre investieren.
D: Harriet Slater, Jacob Batalon, Avantika Vandanapu, Adain Bradley, Humberly González.


Furiosa: A Mad Max Saga
Australien/USA ´24: R: George Miller. Ab 23.5. Vorankündigung. Bild: Warner Bros.
Die Ereignisse dieses Mad Max-Kapitels nehmen Fahrt auf, lange bevor Australiens Mainstream-Filmer George Miller den schon seinerzeit titelgebenden lonesome Hero - von down under-Star Mel Gibson beeindruckend verkörpert -, ab 1979 durch eine brutale Endzeit-Ödnis kacheln ließ, und sie greifen sogar jenen Ereignissen um die anno 2015 von Charlize Theron interpretierte Outback-Amazone Furiosa vorweg, indem sich das Regie-Urgestein Miller nunmehr für deren Jugend interessiert. So schön es am Grünen Ort der vielen Mütter seien mag, an dem die mit Alyla Browne im Kindesalter besetzte junge Furiosa aufwächst, mit dem behüteten Alltag ist es schlagartig vorbei, nachdem das Mädel aus ihrem Hort entführt wird und in die Hände einer Biker-Gang unter Führung des Warlords Dementus (Hemsworth) fällt. Bei einem ihrer Streifzüge stoßen die Biker dann auf eine Zitadelle, deren Bewohner von Furiosas künftigem Erzfeind, dem Tyrann Immortan Joe (Hulme) geknechtet werden. Während Dementus und Immortan Joe alsbald um die Vorherrschaft über das Areal kämpfen, muss die mittlerweile von Anya Taylor-Joy verkörperte Furiosa ihrerseits ebenfalls jede Menge taffe Prüfungen meistern – und hofft darauf, sich bei nächstbester Gelegenheit wieder auf den Weg nach Hause begeben zu können.
Erste Clips des sündteuren down under-Spektakels versprechen coole Stunts und Action nonstop. Ob sich zumindest die Hauptfiguren mehrschichtig entwickeln dürfen, bleibt einstweilen noch abzuwarten, da es bis Redaktionsschluss keine Pressevorführung gab.
D: Anya Taylor-Joy, Chris Hemsworth, Lachy Hulme, Tom Burke, Nathan Jones, Alyla Browne.

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