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Filme im Kino

Biografie-Musical: Rocketman29.05.2019



Text | Martin Schwickert
Foto: [font=Arial, sans-serif]Copyright 2018 PARAMOUNT PICTURES. ALL RIGHTS RESERVED / David Appleby[/font]
Hier handelt es sich weniger um ein klassisches Biopic als um ein Juke-Box-Musical, das sich an den Lebensstationen des kriselnden Musikers entlang tastet und diese mit Songs und Tanzeinlagen unterlegt. „Rocketman“ beginnt in einer Entzugsklinik, wo der alkohol-, kokain- und konsumsüchtige Rockstar in voller Kostümierung direkt vom Konzert in eine Gruppentherapie hineinplatzt. Ausgehend von der Gesprächsrunde taucht der Film nun in Rückblenden ein in die Kindheit, Jugend und frühen Erfolgsjahre. Vom Vater (Steven Mackintosh) kann der schüchterne Junge keine Zuwendung erwarten. Aber auch die Mutter (Bryce Dallas Howard) ist im eigenen Narzissmus und der glücklosen Ehe gefangen. Die Musik wird für den begabten Klavierschüler zum Ventil unerfüllter Liebessehnsüchte. Einen ersten Seelenverwandten trifft der junge Musiker in Bernie Taupin (Jamie Bell), zu dessen Songtexten ihm die Melodien nur so aus den Fingern fließen. Das erste US-Konzert im legendären Troubadour-Club in L.A. wird zur musikalischen Offenbarung. Während seine Hände „Crocodile Rock“ auf dem Klavier spielen, fliegen seine Beine förmlich in die Höhe – und das ganze Publikum schwebt gleich mit. Immer wieder lässt Fletcher in den Tanz- und Musikszenen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Denn in „Rocketman" geht es nicht um totale biografische Akkuratesse, sondern um den Geist von Elton John's Musik als Treibstoff der Erzählung. Den scheinbaren Widerspruch zwischen fragilem Seelenzustand und der überbordenden Exzentrik seiner Bühnen-Persona nutzt Fletcher als fruchtbaren Boden für ein Bio-Musical-Pic, das ebenso überdreht, sentimental, herzergreifend und reinster Pop ist, wie es Elton John's Hits bis heute sind. Der britische Schauspieler Taaron Egerton („Kingsmen“/ „Robin Hood“), der keinerlei Ähnlichkeit zu dem legendären Rockstar aufweist, erarbeitet sich die Figur spürbar von innen heraus, singt alle Songs selbst und bringt den musikalischen Lebensgeist fassbar auf die Leinwand. Das funktioniert in den Musical- und Party-Sequenzen besser als in den tragischen Momenten. Und das gilt auch für den ganzen Film, der, solange er sich von der Musik tragen lässt, ein pures Kinovergnügen ist, mit seinen ernsteren Zwischentönen jedoch zu sehr in oberflächliches Lebensweisheit-Gedudel verfällt.


Rocketman
GB/USA 2019 121 min R: Dexter Fletcher B: Lee Hall D: Taaron Egerton, Jamie Bell, Richard Madden
Wertung: + + + + +
Casablanca, CinemaxX: ab Do. 30.5.

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