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Die Kontiunität...17.03.2022
Text und Fotos: Tom Bruns
Dr. Ingo Harms führte am 25.02.2022 eine zehnköpfige Gruppe wissbegieriger Menschen durch die Gedenkstätte Wehnen, um über die vergangenen Geschehnisse aufzuklären und der Opfer zu gedenken. Doch an diesem sonnigen Tag war keine Heiterkeit zu spüren. Das bedrückende Denkmal auf dem Gelände der Anstalt erweckte geradezu Trübnis.
Der Träger der Anstalt hatte damals im Jahre 1945 seinen besten Bilanzschnitt – doch auf wessen Kosten? Männer, Frauen und Kinder, oftmals minderjährig, wurden ausgehungert. Ihnen wurde schlicht und ergreifend zu wenig Essen für ihre überlebensnotwendigen Bedürfnisse gegeben. Ihnen wurde die Chance auf ein freies, erfülltes Leben genommen. Von 1936 bis 1947 wurden insgesamt so etwa 1.500 Menschen grausam ermordet.
Umso erschreckender ist, dass sich die Krankenakten wie normale Arztberichte lesen lassen. Ärzte füllten diese stets nach dem gleichen System aus. Und ohne den jeweiligen Patienten jemals gesehen zu haben, war den Empfängern bereits klar, was mit dem Patienten geschehen sollte. Die Ärzte wurden zum Teil des entsetzenerregenden Tötung-Apparats.
Die Fortführung der kaltblütigen Krankenmorde ist erschreckend in jeglicher Hinsicht, doch warum wurden diese sogar nach der NS-Zeit fortgeführt?
Damals entsprang die Idee nicht nur der Ideologie der Nationalsozialisten, sondern auch der deutschen Psychiatrie. Aber sowohl vor, als auch nach 1945 profitierten die Regionen von dem Wirtschaftssystem. Hebammen füllten Anmeldebögen für Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung aus und schickten diese Bögen nach Berlin, wofür sie eine Prämie erhielten. Nicht nur sah man deswegen über die Grausamkeiten hinweg, sondern auch, da der damaligen britischen Militärbehörde in der Besatzungszone ein Kontrollorgan fehlte. Schlichtweg: Psychiatrien wurden vernachlässigt, ja sogar übersehen. Und teils bewusster als einem wohl zumute ist. Denn auch etablierte sich ein Schweigekartell, welches niederträchtig jeglichen Widerspruch unterdrückte. So wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Hinweise aus betroffenen Familien abgewürgt oder aber wurde Familien auch mit dem Sorgerechtsentzug gedroht, oder ihnen wurde direkt das Sorgerecht entzogen. Als einer der wenigen, welche es vermochten, das Schweigen zu brechen, wurde Bischof Galen durch sein öffentliches Anprangern als “Der Löwe von Münster” bekannt.
Die Verantwortlichen, der Träger der Anstalt, der Landesfürsorgeverband, ist der heutige Bezirksverband, bestehend aus sechs Stadtkreisen und drei Landkreisen.
Letztlich sei es immer noch erschreckend, dass dieses System nicht nur ein System der Nationalsozialisten, sondern auch der deutschen Psychiatrie und der hiesigen deutschen Kommunalverwaltung gewesen sei. Forscher Harms fügte ebenso hinzu, dass man als Gedenkstätte und als Gesellschaft dazu verpflichtet sei, die Morde an den unschuldigen Menschen aufzuklären, um ihnen so ihre letzte Ruhe zu ermöglichen. Er hebt drastisch hervor, dass dieses radikale Ausmaß des Krankenmords nur in Deutschland auffindbar war.
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