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Neue Filme im Kino!26.11.2021











Texte: Horst E. Wegener

Der alte Herr, ein Baptistenprediger, ist nach dem Tod seiner Frau nicht in der Lage, das minderjährige Töchterchen vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Mit 12 wird Ree zum ersten Mal schwanger, bekommt mit 14 ihr zweites Baby. Das schwierige Verhältnis zu LaVaughn Franklin, der sich von Anfang an als Rees Manager betrachtet, lässt dementsprechend eine Gesangskarriere der begnadeten Entertainerin erst rundweg in die Gänge kommen, nach der Abnabelung der Tochter vom Vater. Der Bruch mit LaVaughn Franklin, gefolgt vom Weggang von Columbia Records und einmündend in „I never loved a Man the Way I love you“, ihren Einstiegssong bei Atlantic Records, beschert Aretha den Durchbruch… „Respect“ bringt uns die Lebens-Achterbahnfahrt Arethas näher, ohne die Missbrauchstragödien auszuleuchten, punktet aber mit einer umwerfend von Jennifer Hudson gespielten Verkörperung der Queen of Soul.

Resident Evil: Welcome to Raccoon City
USA/D ´21: R: Johannes Roberts Ab 26.11. Vorankündigung
Die Resident Evil-Endzeit-Saga erwies sich als derart kassenträchtig, dass den Kinofans in aller Welt nun erneut Nachschlag ins Multiplex ihrer Wahl bevorsteht. Da der Survival-Horrortrip rings um Superstar Milla Jovovichs Kampfsport-Amazone bekanntlich mit Teil sechs das Finale in Szene setzte, katapultiert man uns jetzt zu den Anfängen zurück.Aufgeblättert wird in „Welcome…“ die Vorgeschichte, die in Raccoon City, der früheren Heimat des Pharmariesen Umbrella Corporation, ab 1998 auftaktet. Man weiß, dass das Böse die Stadt und alsbald die komplette Welt für immer verändern wird -  was Resident Evil-Insider gleichwohl keine Sekunde lang vom Ticketkauf abhalten dürfte.

A pure Place
„Aus Erde und Dreck wuchs ein Mädchen. Anders als alle anderen. Ihre Zähne waren weiß wie Schnee. Ihr Name war Hygeia“. Diese Geschichte kursiert unter jenen Straßenkindern, die Möchtegern-Messias Fust (Louwyck) entführte, um sie auf einer abgelegenen griechischen Insel in den Kellerkatakomben seiner Prachtvilla wegzusperren. Während es sich die Auserwählten des Sektenführers in der Oberwelt gut gehen lassen, müssen die Versklavten im Keller unter unwürdigen Bedingungen eine besondere Seife herstellen, die man auf dem Festland verkauft. Ihres intensiven Dufts und der wundervollen Schaumigkeit wegen sind diese Seifenstücke bei Fusts Jüngern hoch angesehen – zumal sie einem die absolute Reinheit in Aussicht stellen. Eines Tages wird Sektenführer Fust auf eins der Kellerkinder aufmerksam, scheint ihm die Waise Irina (Bohacek) geeignet, um zur neuen Hygeia aufgebaut zu werden. Während die Auserwählte vom Leben droben berauscht ist, fühlt sich ihr jüngerer Bruder Paul (Heinrich) einer seits allein gelassen. Andererseits ahnt er, dass ihm nicht allzu viel Zeit bleibt, um die Schwester vor den finsteren Plänen des „Retters“ zu bewahren. Irinas Bruder verspricht den anderen Versklavten, den Kampf gegen Fust aufzunehmen – bis der Dreck sozusagen die Reinheit besiegt hat. Jungfilmer Nikias Chryssos, Wahl-Heidelberger mit griechischen Wurzeln, braut einen kruden Mix aus griechischen Mythen und Sekten-Wahn inklusive wagnerianischer Erlöser-Denke zusammen, der zu einer politischen Allegorie verdichtet wird. Ein sperriges Stück Kunstkino.


À la carte – Freiheit geht durch den Magen
Die Adeligen in Frankreich kurz vor Ausbruch der französischen Revolution sind drauf aus, all den anderen parfümierten und gepuderten Perückenträgern am Hofe den Mund wässrig zu machen, indem sie sich brüsten, den jeweils genialsten aller Köche in ihren Diensten zu wissen. Dementsprechend groß ist der Ehrgeiz der hohen Herren, vor ausgewählten Gästen mit den lukullischen Hochgenüssen ihres Küchenmeisters prahlen zu können. Dass der bis dahin allseits gelobte Koch Pierre Manceron (Godebois) seinen Herrschaften ein hundsgewöhnliches Kartoffelgericht vorsetzt, führt zu seinem Rauswurf. In Ungnade gefallen, hadert Manceron mit seinem Schicksal. Bis dann eines Tages eine Unbekannte bei ihm vorbeischaut. Louise (Carré) will bei Manceron in die Lehre gehen, entpuppt sich im Nu als begnadet im Umgang mit Kräutern und Trüffeln. Als sich´s dann abzeichnet, dass der Herzog von Chamfort dem gefeuerten Ex-Küchenchef Manceron eine zweite Chance geben würde, vorausgesetzt man kredenzt ihm ein göttliches Mahl, hecken Manceron und Louise längst die wahrhaft revolutionäre Idee aus, ein Restaurant zu eröffnen, zu dem jedermann Zutritt hat. Wer Regisseur Èric Besnards letzten Spielfilm „Birnenkuchen mit Lavendel“ mochte, der sollte von  „À la Carte“ erst recht angetan sein. All die appetitlich angerichteten Speisen, die von der Regie wie das Stilleben eines großen alten Meisters gekonnt ins Bild gerückt werden – ein Festschmaus für Gourmets, der Lust aufs Essen-gehen macht.

House of Gucci
Am 27. März 1995 wird Maurizio Gucci beim Verlassen eines Mailänder Bürogebäudes auf offener Straße erschossen. Die Ermittlungen fördern alsbald einen Auftragsmörder zutage – bezahlt mutmaßlich von Patricia Reggioni, der Ex-Ehefrau des Getöteten. Im Rückblick kristallisiert es sich peu à peu heraus, dass Patricia nach ihrer Heirat mit dem designierten Entscheider im Hause Gucci darauf aus war, nicht nur als ein modisches Aushängeschild an der Seite ihres Gatten wahrgenommen zu werden. Bemüht, ein gewichtiges Wörtchen auch im Geschäftlichen mitreden zu können, musste Maurizios Gemahlin mit Widerstand seitens der restlichen Familie rechnen. Und es gelang ihr ab den 1970ern vor allem eine Spirale aus Verrat und Rache in Gang zu bringen, die sie ihre Ehe und ihren Mann schließlich sogar sein Leben kostete. Dass Patricia jegliche Schuld am Mord von sich wies, überzeugte die Ermittlungsbeamten kein bisschen – weshalb Maurizios Ex ab ´97 zu rund 18 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Die Geschichte der Kultmarke Gucci sollte allgemein bekannt sein, mit Blick auf die Hintergründe des Mordes an einem der Player der italienischen Familiendynastie blieb auch im wahren Leben einiges bis heute unklar. Wie kaum jemand sonst weiß Regiealtmeister Ridley Scott, wie man ein Realitätsdrama wie dieses thrillend und hollywoodesk in Szene setzt. Zweifelsohne hilfreich: Ein Cast, der mit Lady Gaga (als Patricia), Adam Driver (als Maurizio) sowie in weiteren Rollen Jeremy Irons, Salma Hayek und Al Pacino eine Topbesetzung aufbietet, sich zudem an Originalschauplätzen in Europa über drei Dekaden hinweg durch die Intrigen im Hause Gucci hangelt –  episch, opulent, fesselnd bis  zuletzt.

First Cow
Oregon, frühes 19. Jahrhundert: Der sanftmütige Cookie (Magaro) zieht mit einer Gruppe von Trappern durch die Wildnis – und ist fürs Kochen zuständig. Anstatt beim Stromern durch den Wald Verwertbares für den Speiseplan aufzutun, entdeckt der Träumer mitten im Nirgendwo einen nackten Chinesen (Lee), der sich hier im Unterholz versteckt hat. Aus dieser denkwürdigen Begegnung entwickelt sich mit der Zeit eine wunderbare Freundschaft zwischen Cookie und dem selten um eine Idee verlegenen King-Lu. Einer der genialen Einfälle des Asiaten: Kleine Küchlein backen und auf einem der wenigen Märkte in der Gegend verkaufen. Als unverzichtbare Zutat benötigen die beiden Jungunternehmer allerdings Milch – und die stibitzen sie sich nächtens bei der ersten und einzigen Kuh weit und breit, die dem Grundbesitzer  Chief Factor (Jones) gehört. Die süßen Leckereien des Duos gehen auf dem Markt weg wie geschnitten Brot – und selbst Chief Factor kommt bald auf den Geschmack. Die Frage ist nur: Wie lange können sich Cookie und King-Lu unbemerkt mit Milch versorgen?
Der Independent-Filmemacherin Kelly Reichardt gelingt mit „First Cow“ ein tragikomisches Schelmenstück über zwei Träumer, deren Freundschaft – und die Geschichte, wie es ihnen ein ums andere Mal glückt, die Gesellschaft der Stärkeren an der Nase herumzuführen. Zwar endet Reichardts Anti-Western tragisch, kann aber als Glücksfall fürs Arthaus-Kino gewertet werden.

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