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Neues aus der Hauptstadt: Mehr als Shopping. Schnabulieren und Flanieren im Bikini Berlin24.11.2021



Touristen und Einheimische bevölkern den seit Anfang November rings um die Gedächtniskirche auf Hochtouren laufenden Vorweihnachtsmarkt, Menschenmassen schieben sich den Ku´damm entlang in Richtung Tauentzienstraße, Entgegenkommende nehmen einem die Sicht auf die um Aufmerksamkeit buhlenden Schaufensterdekorationen. Innehalten, Durchatmen – Fehlanzeige.
„Shop different“, anders einkaufen: Dieser Slogan, den sie sich im Bikini Berlin als Konzept für ihre im Haus ansässigen Designerläden, Kunstgalerien und wenigen Filialisten ausgedacht haben, könnte uns im dichten Weihnachtsmarkt-Gedränge rings um die Gedächtniskirche in den Sinn kommen. Innehalten, Durchatmen – warum nicht? Weil das ursprünglich in den 1950er Jahren errichtete Gebäude-Ensemble namens Zentrum am Zoo zwischen der Budapester Straße und dem Zoo etwas abseits der ewig wogenden Touristenströme westlich und östlich der Gedächtniskirche liegt, entschied sich der Eigentümer Bayerische Hausbau anno 2013 vorm Modernisierungskraftakt des gesamten Areals gegen ein herkömmliches Einkaufscenter und wagte obendrein das Experiment einer Concept Shopping Mall mit Geschäften, die man ansonsten eher in den Szenevierteln der Hauptstadt vermuten würde. Besonders die in-house-Idee mit den Pop-up-Boxes wurde vom Start weg begeistert angenommen: Junge Kreative, Modeschaffende und Startups können im Erdgeschoss des Bikini Berlin temporär eines von 19 Modulen in unterschiedlicher Größe anmieten, das ihnen eine kostengünstige Ausstellungsfläche bietet, um mit besonderen Präsentationen auf sich aufmerksam zu machen. Die durch Drahtgitter einsehbaren Einheiten sind, wie auch sämtliche Sichtbetoninnenwände der Mall, das Stirnholzparkett, die Eichenhandläufe sowie die in mattem Grün gestrichenen Metalldeckenkonstruktionen roh und damit unaufgeregt schlicht. Optischer Höhepunkt im Erdgeschoss ist das einzige, riesengroße Fenster. Die breite Sitzbank davor hat sich zum Lieblingsaufenthaltsort kleiner Kinder gemausert, die zu gern das Treiben im Pavian-Gehege des angrenzenden Zoos beäugen, während Mom und Dad ihren Kuchen aus der angrenzenden Kaffeehaus Einstein-Dependance genießen. Unweit vom Panoramafenster werkelt auch Deutschlands erster humanoider Verkaufsroboter, Gisela genannt, vor sich hin: Elf Stunden täglich werden hier vor den Augen der interessierten Käufer entweder Spielzeugroboter zusammengebaut oder Getränkedosen verkauft. Wer seine Drinks lieber wie gewohnt von menschlichen Barkeepern mixen lässt, sollte das erste Obergeschoss im Bikini aufsuchen. Dort existiert seit 2018 das Kantini, eine Art überdachter Streetfood-Markt für Kulinarisches aus aller Welt. Hier haben Besucher die Qual der Wahl zwischen unter anderem traditioneller Berliner Currywurst, israelischem Hummus, koreanischem Bisimbap oder neuerdings veganem Laborhühnchen aus Erbsenproteinen vom Schweizer Senkrechtstarter-Unternehmen planted. Wen Gelüste ganz anderer Art umtreiben, und die Frage beschäftigt, wie es sein mag, ein Flugzeug zu fliegen oder mit fast 1000 PS über die Rennstrecken dieser Welt zu pesen, dem  sei im Mydays Erlebniswerk einer der Simulatoren ans Herz gelegt. Weit weniger schweißtreibend dürfte sich ein Besuch im hauseigenen Studio des Hauptstadtsenders radio eins gestalten, wo dem kulturaffinen Publikum während der Woche allabendlich Konzerte und Gespräche live auf der Bühne präsentiert werden. Ähnlich beliebt sind auch die regelmäßig stattfindenden Führungen durchs gesamte Ensemble, bei denen einem das Centerkonzept und die Architektur näher gebracht werden. Die Hitliste der gestellten Fragen führt uneinholbar jene nach der Herkunft des Center-Namens an: Da der Gebäudekomplex anno 1957 vom Architektenduo Paul Schwebes und Hans Schoszberger optisch in einen oberen und einen unteren Teil gegliedert worden war, und man in einem der Stockwerke die Produktionsstätte der Damen-Oberbekleidung ansiedelte, taufte der Berliner Volksmund das Wirtschaftswunder-Bauwerk Bikinihaus. Ein Name, der sich auch nach der Verglasung des Luftzwischengeschosses in West-Berliner Zeiten hielt.  Da immer wieder neue Geschäfte in der Mall aufmachen und sich das Erscheinungsbild des Bikini Berlin fortwährend ändert, lohnt sich der Bezug des hauseigenen Newsletters. Dort wird man informiert über die regelmäßig stattfindenden Events, darunter Food Weeks, Modeschauen, Ausstellungen, Yogaspecials, Pop-up-Schlittschuhbahn auf der Dachterrasse. Die unterschiedlichen Angebote machen Lust aufs Wiederentdecken uralter Tugenden: Flanieren, Verweilen, Staunen, Genießen.

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