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Blockflöten-Möwen in Brake14.09.2021

Blockflöten-Möwen in Brake

Text und Foto: Britta Lübbers

Weshalb ist es wichtig, das Oldenburger Land in die Literatur zu holen, wollte sie zu Beginn von Matthias Politycki wissen, der als Einziger nicht anwesend, aber per O-Ton zu hören war. „Es ist wichtig, weil wir sonst verschwinden“, lautete die Antwort.
Mit dem Fahrrad hatte Marion Poschmann das Land erkundet. Sie suchte Eindrücke für ihr „Fade-Orte-Projekt“. Poschmann definiert das Fade nach asiatischer Lesart nicht als etwas Langweiliges, sondern als Verfeinerung der Wahrnehmung. So wie es vor 300 Jahren der japanische Dichter Basho getan hat. Sie sei etwas beschämt, lächelte Monika Eden. „Ich dachte, wir hätten das Original. Dabei gibt es bereits eine sehr alte Reiseliteratur, die demselben Konzept folgt.“
Michael Kumpfmüller nutzte seine Reise, um eine Erzählung zu schreiben. „Wann wähltest du diese Form?“, fragte Monika Eden. „Auf dem Höhepunkt der Verzweiflung“, sagte Kumpfmüller. Auf einer Bootsfahrt „zu den Robbenbänken von ich-weiß-nicht-mehr-wo“ habe er eine Frau gesehen, von deren Ausstrahlung etwas auf seine Protagonistin Rieke abgefärbt habe. Ab da sei es leicht gewesen. Mirko Bonné stellte ausschließlich Gedichte vor, die er seinem Text beigefügt hatte – feine Verse, von böse bis zart. „In Brake war das Weite“, heißt ein Gedicht. Und es endet mit dem schönen Satz: „In Brake waren alle Blockflöten Seemöwen.“
Judith Herman las jene Passage aus ihrem Reiselogbuch (mit Zeichnungen von Andreas Reiberg), die schwer aushaltbar ist. Sie hatte einen Schlachthof in Cloppenburg besucht. Hermann schonte weder sich noch die Zuhörenden. „Das Schwein fällt auseinander“, heißt es zum Schluss. „Es gibt sich auf.“ Es ist der typisch lakonische Judith-Hermann-Ton, der ein bisschen süchtig machen kann.
„Hat das Schreiben euren Blick auf das Oldenburger Land verändert?“, wollte Monika Eden wissen. „Aber hallo!“, erwiderte Mirko Bonné. „Ich habe unheimlich viel vom Oldenburger Land gelernt.“ In erster Linie Langsamkeit. „Was war besonders eindrücklich?“, frage Monika Eden. „Der schönste Ort war für mich das schwimmende Moor in Sehestedt“, erklärte Judith Hermann. Und der trostloseste der Marktplatz in Nordenham. Als unglaublich öde hatte auch Michael Kumpfmüller den Platz in Erinnerung, doch er fand das nicht schlimm. „Ich war beeindruckt von der Wucht dieser Trostlosigkeit.“


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