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Zwischen Häkelgarn und Kettenöl06.04.2021



Mit der Nähe zu Holland und der großen Universität hat sich auch Oldenburg zu einer Oase für Fahrradfahrer*innen gemausert. Doch wer genau hält die vielfältigen Drahtesel alle in Schuss? Menschen wie Laura Hesse. Die gebürtige Oldenburgerin hat es vor fünf Jahren in die Werkstatt von „Die Speiche“ getrieben, wo sie sich sichtlich wohl fühlt. Doch wie wird man eigentlich Zweiradmechatronikerin? „Ich habe erst mein Abitur gemacht und wusste dann gar nicht so genau, was für ein Studium ich gern machen würde. Ich dachte dann: Fahrräder sind cool. Mach doch erstmal die Ausbildung und guck dann weiter, was noch geht. Ich bin dann aber einfach bei diesem Beruf geblieben, weil ich sehr zufrieden bin.“ Für den noch immer stark von Männern geprägten Beruf gibt es zwei Ausbildungswege. Den zweijährigen der Fahrradmonteur*innen oder den 3,5-jährigen der Zweiradmechatroniker*in, für welchen sich auch die 27-jährige Oldenburgerin entschied. Das sie jedoch in Oldenburg bleiben würde, war ihr noch nicht immer klar. „Ich bin in Eversten geboren und hab es nach Donnerschwee geschafft (lacht). Ich habe viel Familie hier in der Stadt, deshalb komme ich auch nicht so unbedingt weg. Ich liebäugle zwar seit Leipzig mit Jahren, das ist ja DIE Fahrradstadt und sehr hip. Aber das hat sich bisher nicht ergeben, auch weil es hier so schön ist, auch im Laden. Das Problem ist ja auch: je mehr Leute und Kunden man kennenlernt, desto mehr vernetzt man sich ja auch und irgendwann ist man da voll drin.“ Warum sollte man auch etwas ändern, wenn doch alles gut funktioniert? Laura Hesse wirkt sehr ausgeglichen, was nicht zuletzt mit ihrer scheinbar gelungenen Work-Life-Balance zusammenhängt. „Ich habe den großen Luxus, dass ich mir meine Stunden selbst auswählen durfte, sodass das hier kein klassischer 40-Stunden Job ist. Das gefällt mir sehr gut, weil noch ausreichend Freizeit für mich übrig bleibt.“ In dieser hängt sie den Schraubschlüssel an den Nagel ihres sehr aufgeräumten Arbeitsplatzes und beschäftigt sich mit feineren Dingen wie dem Stricken, Häkeln und Nähen. Derzeit arbeitet sie an einer Babydecke für eine ihrer Nichten und Neffen. „Ich finde das mechanische total gut, aber meiner Freizeit mache ich viel gestalterischen und künstlerischen Kram, das ist dann ein ganz schöner Ausgleich. Ich arbeite gern mit Stoffen und verschiedenen Medien. Das schöne ist, dass das hier ein Beruf ist, von dem man nach Feierabend nicht wirklich etwas mit nach Hause nimmt.“ Dennoch liebt Laura Hesse ihren Job und die kleinen und großen Überraschungen, die dieser manchmal mit sich bringt, so erzählt sie von einem besonderen Rad, das in Erinnerung geblieben ist: „Einmal hatte ich ein Rad, dass der Kunde nur wegen eins komischen Knackens hereinbrachte. Bei genauerer Betrachtung fand ich dann heraus, dass der Rahmen unten bis auf einen Zentimeter schon völlig durchgerostet war. Es wurde dann von „komisches Knacken“ zu „einmal bitte alles neu“. Der Kunde hat sich dann einen sehr speziellen neuen Rahmen anfertigen lassen und ich habe das dann alles umgebaut. Das war sehr interessant.“ Interessant bleibt der Beruf auch nach fünf Jahren. Während sich im vergangenen Jahr trotz der Pandemie prinzipiell nichts an Hesses Arbeitspensum geändert hat, so wurden die Inhalte doch andere. „Es kommen weniger Kunden und es ist weniger Durchlauf, aber durch die Lastenradförderung der Stadt kam einiges Neues dazu. Lastenräder sind jetzt voll im Kommen, in diesem Bereich habe ich in letzter Zeit viel mehr gemacht.“ Und dafür gilt es Up-To-Date zu bleiben. Während für Außenstehenden ein Fahrrad gleich Fahrrad zu sein scheint, verändert sich auch dort die Technik über die Jahre. Mehr neue Funktionen bedeuten eben auch mehr Dinge, die kaputt gehen können. Zum Glück bleibt Laura Hesse am Ball: „Weiterbilden muss man sich immer ein wenig. Die Technik schreitet voran. Ich selbst bin Traditionalistin. Ich mag die ganzen alten Dinge eher und bin irgendwie in den 90ern steckengeblieben. Das Fahrrad selbst wird quasi immer wieder neu erfunden…aber am Ende des Tages ist auch ein Lastenrad nur ein Fahrrad.“

Text und Foto: Thea Drexhage


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