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Irrlichternd23.02.2021





Das ist Musik, wie wir sie jetzt brauchen: Lodernd, wild, schillernd, teils erotisch überhitzt, metropol. Gleichermaßen anspruchsvoll für Sänger und Orchester – die Tiefen und Untiefen der menschlichen Psyche auslotend. Die Rede ist von Erich Wolfgang Korngolds psychotischem Sensationsopernerfolg der Weimarer Republik „Die tote Stadt“. Nicht nur beinhaltet diese visionäre Vorwegnahme des filmischen Mystery-Thrillers von Alfred Hitchcocks Klassiker „Vertigo“ eine verblüffend ähnliche Geschichte, in der ein Mann einer längst toten Frau scheinbar wiederbegegnet, in unseren derzeitigen Pandemiezeiten passt die Wiederentdeckung des zu Unrecht vergessenen Komponisten Korngold atmosphärisch par excellence ins Bild. Der österreichische Vollblutmusiker, 1897 geboren und in Wien als Sohn eines einflussreichen Musikkritikers aufgewachsen, galt von klein auf als musikalischer Wunderknabe, der mit gerade mal 23 Jahren seinen Weltopernhit „Die tote Stadt“ anno 1920 uraufführte – und zu jener Zeit in einem Atemzug mit Richard Strauss genannt wurde. „Die tote Stadt“, vielfach nachgespielt und gefeiert, dann aber auch ebenso schnell wieder als jüdisch entartet von Hitlers Getreuen mit Aufführungsverbot belegt. Während der Nazizeit setzte sich Korngold in die USA ab, wo der Max Reinhardt-Vertraute in Hollywood bei Warner Brothers der noch jungen Filmmusik zu glorios aufrauschender sinfonischer Reife verhalf. Als der Schöpfer etlicher Soundtracks (zumeist mit Mantel-und-Degen-Star Errol Flynn) 1957 starb, war er fast vergessen – teils, weil die Nazis die kammermusikalischen Arbeiten und Opern des jüdischstämmigen Komponisten verboten hatten, teils auch weil die Avantgarde ihm nach Kriegsende seine mainstreamigen Soundtrackarbeiten ankreidete. In Hollywood führten in späteren Jahren John Williams und Hans Zimmer unter anderem Korngolds sinfonische Arbeiten fort; die „Star Wars“-Orchestrierung kann allemal als tönende Verbeugung vor dem Altmeister verstanden werden. Mehr noch: Gut 100 Jahre nach Korngolds Uraufführung von „Die tote Stadt“ stehen Streaming-Aufführungen in Köln, München und dieser Tage auch in Berlin an. Der Premierenstream in der Komischen Oper Berlin ist am 28. Februar ab 19 Uhr sogar im „Pay as you wish“-Format verfügbar. Und auch dies noch: Das Spectrum Concerts-Ensemble, jene in Deutschlands Kapitale beheimatete Wundertruppe um den Cellisten Frank Dodges taucht neuerdings in das kammermusikalische Werk Erich Wolfgang Korngolds ab, fördert dabei hochvirtuose Werke zutage. Was einem umso verdienstvoller erscheinen mag, sobald es uns klar ist, dass sich die Spectrum Concerts seit über 30 Jahren mit minimaler öffentlicher Förderung von Konzert zu Konzert kämpfen. Vier von fünf Liveauftritten der letzten Saison fanden nicht statt, für drei gab es Internet-Ersatz, mit erstaunlichem künstlerischem Gewinn. „Das ist so, als wenn man den richtigen Weg verpasst hat, aber dort, wo man angekommen ist, ist es auch schön“, sagt Dodge. Die Korngold-CDs sind beim Label Naxos erschienen, Konzerte zum Nachhören finden sich unter www.spectrum.concerts.com. Kurzum: Korngold satt – verdienstermaßen!

Text: Horst E. Wegener


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