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Chancengleichheit über die Grenzen hinaus17.12.2020
Text Und Foto I thea Drexhage
Der in Hamburg geborene Prof. Dr. Reinhold Friedl kam schon früh mit Grenzen und deren Bedeutung in Verbindung, nämlich, als er nach dem Abitur statt bei der Bundeswehr beim Bundesgrenzschutz tätig war. Etwa 2 Jahre später begann er sein Studium. Politik- und Erziehungswissenschaften, die ihn im Anschluss ins Lehramt brachten, doch nach etwa vier Jahren als Oberstudienrat an einer Gesamtschule in Hamburg wurde es Zeit für einen Tapetenwechsel. Passend. Denn in seiner Schule befanden sich Mitteilungsblätter des BFIO – Büro für Führungskräfte zur Internationalen Organisation, auf der Suche nach Mitarbeitern
„Da habe ich gedacht: So! Das ist wichtig“, wie Prof. Dr. Friedl verrät. Ab da folgte ein aufregender Weg unter der Fahne des Humanismus. Nachdem er seine Daten beim BFIO abgab, folgten immer wieder Job-Descriptions, Stellenangebote. „Beim ersten sollte ich die Erwachsenenbildung in Afghanistan aufbauen, das hat mich aber noch nicht so gereizt. Kurz darauf folgte aber das Angebot zum hohen Flüchtlingskommissar, welches über eine Stelle bei der UNESCO in Paris in der Abteilung Chancengleichheit in der Bildung, nach Genf führte.“ Bei dieser Anstellung lag Prof. Dr. Friedls Hauptaugenmerk auf Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für Flüchtlinge, ein Thema, was den Lehramtler nie so ganz verlässt.
Nach seiner Rückkehr aus Genf 1990 übernahm Friedl dann die ehrenamtliche Stelle des Leiters UNO-Flüchtlingshilfe für Norddeutschland, welche sich 1980 in Folge der Notlage in Somalia gründete und von dort an Spendengelder für UNHCR-Projekte vor allen in ärmeren Ländern, sammelte. Aber auch für die innerdeutsche Bildung war Prof. Dr. Reinhold Friedl weiterhin aktiv. So bildete er in Kooperation mit dem Kultusministerium von Mecklenburg-Vorpommern neue Politiklehrer in Rostock Lichtenhagen aus. Ein Viertel, das im selben Jahr durch das Pogrom im sogenannten Sonnenblumenhaus, Bekanntheit erlangte.
Nach den Flüchtlingsströmen 2015 entfachte in Deutschland wieder eine ähnliche Debatte wie in den 90ern. Friedl bedauert die Menschen, die diese Situation nutzen, um politisch-populistische Hetze zu betreiben und die Tatsache, dass einige Nationen der EU einfach nicht helfen wollen, berichtet aber auch von zahlreichen positiven Erfahrungen. „Ich komme viel herum und treffe auf viele Menschen, die die Sache unterstützen, wie die Seebrücke. Außerdem haben ja kürzlich 20 Oberbürgermeister*innen ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin geführt, darunter auch Herr Krogmann. Das finde ich sehr unterstützenswert. Wobei es natürlich wichtig ist, dass die Zuständigkeit beim Bund liegt und die Motivationslage der Städte und Kommunen dem Bund deutlich mitgeteilt wird.“ Warum erklärt er anhand eines Beispiels aus der Zeit in Genf, als zu seinen Aufgaben u.a. aktive Missionen in Dschibuti am Horn von Afrika gehörten, zu einer Zeit, in der das Land tausende Flüchtlinge aus Somalia und Äthiopien beherbergte. „Dschibuti war zu dieser Zeit eines der ärmsten Länder der Welt und ich musste mit einem Team herausfinden, wer die Education-Cases sind. Die meisten konnten dort nicht bleiben und mussten umgesiedelt werden, also bin ich mit den ganzen Unterlagen zurück nach Genf und habe mit den Botschaften kommuniziert, wer denn meine ‚Forgotten Babies‘ aufnehmen könne. Darauf meldete sich dann eine Delegation in Quebec. Die meinten, sie würden gern Flüchtlinge aufnehmen. Zu der Zeit hat Quebec aber auch die Unabhängigkeit von Kanada angestrebt. Kurze Zeit später meldete sich dann die kanadische Regierung und hat gesagt: so geht das nicht, dass eine Provinz hier eigenständige Außenpolitik betreibt. Es wurde dann festgelegt, dass ein Vertreter der kanadischen Regierung die Herrschaften aus Quebec begleitet. Später wurden dann aber tatsächlich Flüchtlinge in Kanada aufgenommen.“
Nachdem Prof. Dr. Friedl an der FU Berlin promovierte, führte sein Weg über die Referatsleitung der Präsidialabteilung der Hamburger Schulbehörde nach Oldenburg, wo er an der Universität eine Lehrtätigkeit zum Schwerpunkt Weltflüchtlingsproblematik am CMC (Center for Migration, Education und Cultural Studies) aufnahm. „Dort gibt es einen speziellen Studiengang für hochqualifizierte Flüchtlinge und Migranten, die teilweise schon einen Abschluss hatten, der hier nicht anerkannt wird oder zumindest schon einige Semester studiert haben und da können die dann verkürzt einen Bachelor machen. Die meisten haben hier danach tatsächlich auch gute Arbeitsplätze bekommen. Das ist natürlich ein gutes Beispiel, das dann auch von anderen Fakultäten übernommen wurde. Das haben wir beispielsweise auch mit einem Nothilfefond unterstützt.“ Durch solche oder ähnlcihe Programme konnten von den eine Million Flüchtlingen in 2015 bereits über 300.000 sozialversicherungspflichtig in Deutschland angestellt werden. Doch auch die freiwillige Rückkehr ins Heimatland soll durch solche Programme von UNO und UNHCR unterstützt werden. Wie sowas aussieht, beschreibt er an einem erlebten Beispiel: „In Hamburg war ich Vorstandsmitglied in einer Entwicklungshilfeorganisation, die junge Menschen aus Ländern der Dritten Welt durch Berufsausbildungen unterstützt. Diese konnten danach, wenn sie motiviert waren, in dem Beruf arbeiten. Dann haben wir auch noch eine Meisterausbildung gefördert. Danach hat Hamburg sie dann mit Entwicklungshilfeprojekten unterstützt, damit sie, wenn sie wollten in ihre Heimat zurückkehren konnten. Dort haben sie dann teilweise eigene Betriebe aufgebaut. Ich erinnere mich an jemanden, der hier seine KFZ-Lehre gemacht hat und dann nach Ghana zurückging und dort eine KFZ-Werkstatt aufgebaut hatte, wo er dann nach kurzer Zeit selbst 10 Auszubildende hatte. Das war natürlich toll.“ Doch mit den Beschränkungen der Corona-Krise erweisen sich solche Vorhaben noch schwieriger als zuvor.
Auch, wenn Prof. Dr. Friedls Ehrenamt manchmal einem Vollzeitjob gleicht, muss auch etwas Zeit für private Interessen bleiben. Neben dem Reisen und entspanntem Muschelessen im Phönix ist Friedl leidenschaftlicher Kriminalromanautor. Schon mit 12 Jahren veröffentlichte er seine erste Kurzgeschichte in den Harburger Anzeigen und Nachrichten. Seitdem folgten zahlreiche Kurzgeschichten und Romane wie „Genfer Schlendertage – das Spiel mit dem Feuer und der Friedenstaube“ – doch auch in diesen lassen ihn die Thematiken seines Engagements nie ganz los.
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