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Mentales Stoßlüften in Corona-Zeiten12.11.2020
Text: Horst E. Wegener
Die uns durch Corona seit dem Frühjahr aufgezwungenen Verhaltensregeln stellen für viele Menschen eine riesige Herausforderung dar, stürzen Freiberufler in Existenzängste und bereiten Rentnern Isolations-Stress. Gerade über die Herbst- und Wintermonate fordern die fortwährend von Politikern, Medizinern und Wissenschaftlern bekundeten Appelle an unser aller Vernunft sowie das Beachten des Einfrierens von sozialen Kontakten ihren Tribut. Laut FAZ warnen Psychiater bereits vor einem „weltweiten Tsunami schwerer psychischer Leiden“.
Eine pensionierte Lehrerin und Seelsorgerin in den USA konnte sich schon am Beginn der pandemischen Krise mit den zu erwartenden Problemen identifizieren. Von Kindestagen an gewohnt, eine Art Tagebuch zu führen, vertraute die im ländlichen Wisconsin lebende Hobby-Literatin Kitty O´ Meara ihrem Notizbuch im März 2020 den Satz an „Und die Menschen blieben zu Hause“. Der Gedanke ließ sich trefflich zu einem Gedicht weiterentwickeln, das von O´Meara schließlich für Blog-würdig erachtet wurde. Doch im Gegensatz zu all ihren früheren Blog-Einträgen ging dieses Pandemie-Gedicht umgehend viral, wurde viele Millionen Mal auf Facebook und Instagram geteilt. Inspirierte Kreative in aller Welt zu Liedern, Theater- und Ballettinszenierungen – und kommt jetzt im Dezember sogar auf Deutsch in Buchform inklusive Illustrationen auf den Markt. „Und die Menschen blieben zu Hause“ begeistert dank seiner offenkundig positiven Weisheit, die jung und alt gleichermaßen während der Corona-Pandemie und darüber hinaus Hilfestellung offeriert. Die Autorin fordert die Leser auf zu wachsen - nach innen zu sehen, aufmerksam zuzuhören, neue Perspektiven einzunehmen und so irgendwann möglichst neue Lebensweisen auf der Erde zu gestalten.
Bei Licht betrachtet hat Kitty O´Mearas Geschichte viel von einem Märchen aus Hollywoods Traumfabrik: Denn wie oft kommt eine pensionierte und bis dahin völlig unbekannte Lehrerin dazu, sozusagen über Nacht in Oprah Winfreys US-Illustrierte O, The Oprah Magazine zur „Poesie-Preisträgerin der Pandemie“ ausgerufen zu werden? Bald legten sich Showbiz-Berühmtheiten wie Kate Winslet, Deepuk Chopra oder Lindsay Lohan auf Facebook und Instagram ähnlich ins Zeug für das Gedicht. Älteren Lesern kommt es möglicherweise wieder in den Sinn: Bücherlesen, Kunstprojekte starten und den Selbsterhaltungstrieb intensiv auskosten, all das hat einem in früheren Zeiten gutgetan – und wird in „Und die Menschen blieben zu Hause“ propagiert. Gewiss war und ist das ein Privileg vor allem der gebildeten und wohlhabenden Gesellschaft, die es sich leisten kann, sich in Krisenzeiten und Isolation mit Geistesnahrung zu stärken. Monate nach Beginn der Corona-Pandemie sieht es doch weltweit oftmals so aus, dass arbeitslose Kellner seltenst zum Starschauspielern taugen, genauso wie aus Marketing-Experten im Homeoffice wohl kaum nobelpreisverdächtige Schriftsteller werden und Teenagern im Plattenbau keine Rap-Karriere vergönnt scheint. Gleichwohl hat Kitty O´Mearas Gedicht der Menschheit einen Ausbruch aus der Kontaktlosigkeit vorgezeichnet. Bis Corona in der Realität endlich besiegt ist, kann man sich das liebevoll illustrierte Coffeetable-Book in seiner deutschen Ausgabe besorgen, um darin zu blättern – und um über die vermeintliche Idylle, die einem da vor Augen geführt wird, nachzusinnen. Um es mit O, The Oprah Magazine auf den Punkt zu bringen, schüren O´Mearas lyrische Visionen den Glauben, „dass etwas Gutes aus dieser kollektiven Erfahrung entstehen kann und wir alle in unserem Getrenntsein vereint sind“. Alsdann: Nicht in Schockstarre verharren, mentales Stoßlüften tut Not!
„Und die Menschen blieben zu Hause“ von Autorin Kitty O´Meara
10.12.2020, Berliner Goldblatt Verlag
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