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Frecher Sonderbetrieb? Uni Oldenburg startet ins Wintersemester15.10.2020
Text: Christoph Kienemann
Auf 24 Seiten erläutert das Universitätspräsidium seine Vorschriften für den Sonderbetrieb in Corona-Zeiten. Einiges ist bekannt, Abstand halten, bitte auf Händeschütteln verzichten und Meetings besser Online abhalten. Letzteres gilt auch für Lehrveranstaltungen. Hier legt die Leitung der Universität auch viel Verantwortung in die Hände der Lehrenden. Wenn diese Präsenzveranstaltungen durchführen wollen, dann muss dies begründet werden und für bestimmte Übungen eine Gefährdungsabschätzung vorgenommen werden. Die Lehrenden tragen zudem die Verantwortung dafür, dass sich nicht am Ende mehr Personen in einem Raum aufhalten, als erlaubt.
Alles ist also bis ins kleinste Detail geregelt und so ziemlich alles ist anders als in den letzten Jahren. Die Umstellung auf die digitale Lehre verlief auch in Oldenburg alles andere als reibungslos und dass die Uni über zu wenige Räume verfügt, ist auch bekannt. Die Studierenden aber von der Uni möglichst fernzuhalten, kann für deren Lehre auf gar keinen Fall förderlich sein.
Da mutet es reichlich seltsam an, dass der Universitätspräsident Michael Pieper die jungen Erstsemester mit der Losung begrüßte: „Seid frech und traut euch was!“ Hier darf die Frage erlaubt sein, wie diese Frechheit denn bitte unter den gegebenen Bedingungen aussehen soll? Erwartet die Uni-Spitze etwas anarchisches Verhalten der Studierenden, während sie deren Alltag bürokratisch regelt? Wie also sollen die Studierenden die Aufforderung des Uni-Präsidenten verstehen? Manchmal ergibt sich eine gewisse Frechheit ja auch aus der Unwissenheit über die Situation, in der man sich gerade befindet. So wählt man in einer Email an eine*n Professor*in vielleicht einmal die falsche Anrede. Manch einer wählt aber eher die falsche Ansprache.
Vielen Student*innen, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Jobs verloren haben, die vielleicht ihr Studium unter- oder abbrechen mussten, wird wohl eher nicht danach zumute sein, besonders frech zu sein. Besonders freche Studenten*innenspäße entstehen aber wenn dann auch nur in einer kreativen Gemeinschaft, doch wenn alle Studierenden nur zuhause vor ihrem Laptop sitzen, wird diese Gemeinschaft mit Sicherheit nicht entstehen. Gleiches gilt auch für freche Ideen, die die Wissenschaft bereichern und den Horizont erweitern. Ein traditioneller Ort für universitäre Frechheit, das Unikum, ist weiterhin verweist, im Veranstaltungskalender herrscht Leere. Für Frechheiten dürfte den Studierenden also schlicht der Raum fehlen, denn auf dem Campus sind sie ja eher nicht willkommen. Auch wenn die Gründe hierfür natürlich nachvollziehbar sind, darf man sich schon fragen, ob nicht die universitäre Lehre hier viel zu kurz kommt.
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