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Mut wird belohnt24.09.2020



Text und Foto  | Christoph Kienemann

Zusammen etwas mit allen Sinnen erleben, dafür steht das Filmfest Oldenburg und dieses Gefühl ist für viele Menschen ein unersetzliches. Dass das Filmfest auch in diesem Corona-Jahr kulturelles Zusammensein ermöglichte, erforderte mit Sicherheit von allen Seiten Mut. Ebenso waren aber wieder die Filme mutig gewählt und auch viele Hauptdarsteller nahmen sich mutiger Rollen an. Den Hauptpreis des Festivals erhielt in diesem Jahr das dokumentarische Werk „Miracle Fishing“.

Eigentlich habe man in diesem Jahr zwei Festivals organisiert, verkündete Torsten Neumann bereits im Vorfeld des 27. Oldenburger Filmfestes. Ziel sei es gewesen, die Emotionen und das Kinoerlebnis zu bewahren. Dafür schuf das Team virtuelle Kinos, zeigte Filme in Oldenburger Wohnzimmern und schaltete Filmemacher*innen live per Videostreams in die Lichtspielhäuser zu. Die virtuellen Angebote wurden dabei von Menschen aus über 150 Ländern angenommen: „Unser Motto „worldwild“ wurde damit erfüllt“, so Neumann.
Die Internetstreams unterschieden sich jedoch grundlegend von den bekannten Angeboten der großen Player. Wird hier vor allem austauschbare Massenware geboten, gab es in Oldenburgs virtueller Welt mutiges und einzigartiges Kino zu sehen. Ohne die Möglichkeit die Filme zu pausieren, vor- oder zurückzuspulen, entstand ein Erlebnis, das nah am echten Kino blieb und das sicherlich vielen Menschen die kulturelle Teilhabe ermöglichte. „Einiges war imperfekt, aber wir haben das richtige getan“, fasste Neumann das diesjährige Filmfest zusammen. Insgesamt schaffte es das Filmfest, den Kulturort Kino in Oldenburg zu bewahren und in den virtuellen Raum zu übertragen.
Trotz aller Unwägbarkeiten wurden natürlich auch in diesem Jahr wieder Preise vergeben. Den begehrten German Independence Award, vergeben durch das Oldenburger Publikum, konnte in diesem Jahr „Miracle Fishing“ von Miles Hargrove gewinnen. Der Film basiert auf VHS-Aufnahmen, die Hargrove als Jugendlicher in Kolumbien aufnahm. Damit dokumentierte er die Entführung seines Vaters durch die Farc-Rebellen und die anschließenden Lösegeldverhandlungen. Der Film ist ein beeindruckendes Dokument der emotionalen Reise der Familie und kommt dabei ohne Hollywood-Klischees aus. Während die Welt also immer digitaler wird und die Menschen in die Isolation treibt, zeigte Hargrove, dass Emotionen vor allem zwischen den Menschen entstehen, die als Gemeinschaft auch schwierigste Situationen meistern können.
Letzteres gilt auch für die vielen hervorragenden schauspielerischen Leistungen, die es in der Independent-Sektion des Festivals zu sehen gab. Mehr noch als sonst, standen in diesem Jahr Filme auf dem Programm, die das Innenleben ihrer Hauptcharaktere in das Zentrum der Handlung stellten. Den Seymour Cassel Award für die beste darstellerische Leistung erhielten daher in diesem Jahr Paz de la Huerte für ihre Leistung im Film „Puppy Love“ und Daniel Aráoz für seine Arbeit in Morocco Colmans „The longest Night“. Die Jury lobte de la Huertes furchtlose Darstellung der Prostituierten Carla, mit der sie den Menschen am Rande der Gesellschaft eine Stimme gibt und ihr Publikum dazu auffordert, bekannte Sichtweisen zu überdenken. Daniel Aráoz Porträt des Serienvergewaltigers, der Argentinien von 1985 bis 2004 heimsuchte sei von unglaublicher Intensität geprägt gewesen. Das Risiko auf der Leinwand so verachtet zu werden, gingen nicht viele Schauspieler*innen ein, so die Jury. Der kanadische Regisseur Michael Maxxis durfte sich zudem über die Auszeichnung mit dem Spirit of Cinema Award freuen, den er für seinen Debütfilm „Puppy Love“ erhielt. Die Kurzfilm-Jury zeichnete zudem „The Coat“ des russischen Regisseurs Igor Nevedrov als besten Kurzfilm des diesjährigen Filmfestes aus.

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