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Aha-Effekte mit Herz28.05.2020
Text und Foto | Britta Lübbers
Seit Ende 2019 ist Dr. Steffen Wiegmann Leiter des Stadtmuseums Oldenburg. Sein Antritt fällt in eine Zeit des Umbruchs, das Museum wird ab 2021 neu gebaut und soll 2023 wiedereröffnet werden. Der 40-Jährige sieht darin eine große Chance, nicht nur die Form, sondern auch die Inhalte neu zu denken.
Wer zu Steffen Wiegmann möchte, muss einmal quer durchs Museum laufen. Auch das wird anders werden, wenn das Stadtmuseum grunderneuert wurde: Das Team wird nicht mehr auf verschiedene Etagen verteilt sein, die Mitarbeiterbüros sind dann zentral in der Ballin`schen Villa untergebracht. Wiegmann freut sich darauf – „endlich sind wir alle zusammen“ – wie er sich überhaupt auf das neue Haus und die Chancen freut, die es bietet. „Ich hatte das Glück, das ich schon mehrfach am Aufbau und der Entwicklung eines Museums mitwirken durfte“, sagt er.
Geboren wurde Steffen Wiegmann in Warendorf bei Münster, hier und in Hamburg hat er Geschichte und Politikwissenschaften studiert, 2013 promovierte er am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien in Osnabrück. Wiegmann widmete sich Migrations- und Fluchtbewegungen im 19. Jahrhundert und untersuchte, welche Auswirkungen diese Erfahrungen auf die Identität eines Menschen haben. Sein wissenschaftliches Volontariat absolvierte er am Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven. „Ich hatte dort eine spannende Lernzeit“, blickt er zurück. Das Auswandererhaus setze eine hervorragende Idee konsequent um, indem es die Migration individuell erfahrbar mache. Die Besucher begeben sich auf die Spuren eines Auswanderers, einer Auswanderin und begleiten diesen Menschen vom Moment des Aufbruchs bis zur Ankunft in der Fremde. Das Konzept sei in der Museumswelt aber durchaus auch kritisiert worden, erzählt Wiegmann. Immer wieder habe er sich damit auseinandersetzen müssen, ob diese Art der Präsentation in Ordnung sei, ob hier die Vermittlung eines Themas nicht zu sehr dem Entertainment überlassen werde, ob es sich überhaupt um ein Museum handelt. Er fand die Einwände unbegründet.
Nach seiner Zeit in Bremerhaven war Steffen Wiegmann drei Jahre bei der Stadt Bremen als Kulturmanager und Projektentwickler beschäftigt, dann arbeitete er im Hafenmuseum Speicher XI in Bremen und zuletzt im Museum Friedland. In diesem Grenzdurchgangslager bei Göttingen kamen Millionen von Menschen an, Flüchtlinge, Vertriebene, Displaced Persons, in jüngerer Zeit auch Männer, Frauen und Kinder, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen waren. Steffen Wiegmann war der wissenschaftliche Leiter des Museums und an dessen Aufbau maßgeblich beteiligt. „Die zentrale Frage lautete: Wie kriegen wir die Menschen in das Museum?“, erinnert er sich. Genau diese Frage stellt er sich jetzt auch in Oldenburg. Das Stadtmuseum habe gemessen an seiner Lage, an seiner Geschichte und seiner Sammlung zu wenige Besucher, konstatiert der neue Leiter. Veranstaltungen und Führungen würden zwar recht gut angenommen, aber der einzelne Gast komme zu selten. Wiegmann will das ändern. Das Architekturkonzept sieht eine Neubaufläche von rund 2200 Quadratmetern vor, der jetzige Museumsbau wird abgerissen. Die historischen Villen bleiben erhalten und werden restauriert. Insgesamt wird es mehr Platz für Ausstellungen geben: 800 Quadratmeter für die Dauerausstellung und 400 Quadratmeter für Sonderschauen. Einen wichtigen Stellenwert hat für Wiegmann das Foyer. Es soll ein Raum der Begegnung werden. „Im Foyer sollen sich die Besucher entspannen, kreativ sein, arbeiten oder einfach nur einen Kaffee trinken.“ Er wünscht sich ein Forum des Austauschs und der Inspiration.
Drei Hauptthemen will Wiegmann im Stadtmuseum bespielen: „Stadtentwicklung“, „Herrschaft und Demokratie“ und „Leben in Oldenburg“. Dabei sollen ganz unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt werden. „Ich möchte keine kalte Schau, sondern eine Ausstellung mit Aha-Effekten und Herz“, sagt er, Technik und digitale Angebote werden eine größere Rolle spielen. Möglichst viele Museumsgäste sollen „ihr Oldenburg“ wiederfinden können. Auch die Villen sollen aus verschiedenen Blickwinkeln erfahrbar sein, z.B. aus der Perspektive des Dienstmädchens oder des Hausherren. Was Wiegmann ebenfalls wichtig ist: Er versteht sich nicht als Solospieler. Neue Konzepte funktionieren für ihn nur im Team.
Während der Bauzeit wird übrigens nicht pausiert. Wiegmann plant, mit Angeboten in die Stadt zu gehen. Zudem soll es Veranstaltungen auf der Baustelle geben. „Wir zeigen, dass wir nicht weg sind“, sagt er.
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