LzOLzO
OLDENBURG
Freitag

1

November

Foto:
Jugend in Oldenburg

Hier geht es zu den aktuellen Ausgaben

Suche:

direkte Antwort ohne Umwege!

Kleinanzeigen

Aktuelles

„Soldaten, Matrosen, macht Schluss!“ Stadtmuseum zeigt „75 Jahre Kriegsende in Oldenburg“14.05.2020



Text und Foto  | Britta Lübbers

Bereits bei den Landtagswahlen im Mai 1932 erreichte die NSDAP in Oldenburg die absolute Mehrheit, neun Monate bevor Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Am 3. Mai 1945 hängten die Oldenburger weiße Fahnen aus ihren Fenstern. In einer Sonderschau dokumentiert das Stadtmuseum das Kriegsende in Oldenburg und lässt dabei vor allem Zeitzeugen zu Wort kommen.

Am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg offiziell zu Ende, der Hitlerfaschismus war besiegt. Oldenburg kapitulierte bereits am 3. Mai. Kanadische Soldaten besetzten die Stadt und verteilten Weißbrot und Kekse. Oldenburg hatte Glück. Es wurde kaum zerstört und die Kanadier traten als Befreier, nicht als Rächer auf. Zwar hatte es einige wenige Luftangriffe gegeben, die z.B. den Bahnhof und die Donnerschweer-Kasernen in Trümmer legten (13 Kinder und zwei Erwachsene kamen ums Leben), aber insgesamt wurden lediglich etwa 1,4 Prozent der Stadtfläche zerstört. Denkt man an Trümmerlandschaften in Berlin und Hamburg oder auch an das ebenfalls in Schutt und Asche gelegte benachbarte Friesoythe, so kamen die Oldenburger glimpflich davon. Die Traumata des Krieges aber hatten auch sie zu tragen.
„Für die meisten Oldenburger war der 3. Mai ein Jubeltag“, sagt der Leiter des Stadtmuseums, Dr. Steffen Wiegmann, bei der Vorbesichtigung der Ausstellung. Inzwischen sind die städtischen die Museen wieder geöffnet. Geplant ist, die Sonderschau bis zum 2. August zu zeigen. „Bis dahin werden wir einige digitale Angebote machen, um bereits während der Schließzeit Einblicke in die Ausstellung geben zu können“, so Wiegmann weiter. Dazu zählen eine Videobotschaft von Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, Zeitzeugenberichte und ein Film mit Originalaufnahmen in einem als Kino eingerichteten Raum. Zudem wird veranschaulicht, wie sich die Erinnerungskultur in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Als Zäsur nennt Steffen Wiegmann die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum Jahrestag am 8. Mai 1985. Erstmals definierte ein deutsches Staatsoberhaupt das historisch aufgeladene Datum als Beginn einer positiven Wende. „Und dennoch wurde von Tag zu Tag klarer, was es heute für uns alle gemeinsam zu sagen gilt: Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“, hatte von Weizsäcker gesagt.
„Diese Rede hat Wellen geschlagen“, erinnert sich Steffen Wiegmann. In Niedersachsen z.B. wurde allen Abiturienten des Jahrgangs 1985 eine Kopie des wegweisenden Vortrags überreicht. In der Ausstellung wolle man auch ergründen, welche Bedeutung das Gedenken heute für die jüngere Generation hat, die keinen Krieg erleben musste, so der Museumsleiter.
Wer durch die Schauräume geht, tritt zunächst auf Flugblätter, die am Boden kleben. „Soldaten, Matrosen, macht Schluss!“, ist darauf zu lesen. Die britische Armee hatte die Botschaften aus Flugzeugen über der Stadt abgeworfen. „Wer Widerstand leistet, fällt. Wer in Kriegsgefangenschaft geht, wird gut behandelt.“ Die Stadt sei ihrer Zerstörung nur knapp entgangen, erzählt Tolga Togol, der die Schau mitgestaltet hat. Noch am Morgen des 2. Mai hatte das deutsche Militär die Oldenburger zum Widerstand aufgerufen. Kurz nach 23 Uhr aber meldete Bürgermeister Heinrich Rabeling den Engländern, dass man sich kampflos ergeben werde. Doch die Nachricht kam nicht bei den Kanadiern an. Erst in einem Telefonat wenige Minuten nach Mitternacht wurde die Situation geklärt, die Katastrophe abgewendet. Die Oldenburger saßen gebannt am Radio und verfolgten das Geschehen, erzählt Steffen Wiegmann. Die meisten seien erleichtert gewesen und hängten weiße Laken aus den Fenstern. „Plötzlich fiel mir etwas überaus Erfreuliches auf“, wird die Zeitzeugin Elisabeth Wilhelm in der Ausstellung zitiert. „Der Krieg war aus und Wilhelm würde nach Hause kommen, wenn er noch lebte.“ Mit Zitaten, O-Tönen an Hörstationen, Zeitungstexten und Filmmaterial werden Kriegsende und Nachkrieg in Oldenburg skizziert. Es war eine Zeit, in der Erleichterung und Wiederaufbauwillen auf eine große Bereitschaft zur Verdrängung trafen. Es wird noch 40 Jahre bis zur Weizsäcker-Rede dauern.
Steffen Wiegmann weist darauf hin, dass das Stadtmuseum weitere Zeitzeugen sucht. „Nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir möchten Ihre Erinnerungen festhalten, damit auch andere einen Einblick erhalten“, so sein Appell. Willkommen sind Fotos und Briefe ebenso wie Tagebücher und Glücksbringer.
Tolga Togol sagt abschließend, er wünsche sich, dass auch Flüchtlinge, z.B. aus Afghanistan und Syrien, den Weg in die Schau finden. Denn die zeige, dass der Krieg auch die deutsche Geschichte geprägt hat.

Ausstellung 75 Jahre Kriegsende in Oldenburg
Bis 2.8., Stadtmuseum, OL


Falls der Artikel gefällt:
Unterstützt unsere Arbeit:
Das geht per PayPal
oder per Überweisung: MoX-Verlag, Raiffeisenbank Oldenburg DE69280602280033311500

Kommentare

Keine Kommentare vorhanden.

Um hier Kommentare abgeben zu können müssen Sie sich erst Anmelden!

Benutzername:     Passwort:    

Wenn Sie Ihr Passwort vergessen haben oder Sie sich registrieren wollen Klicken Sie bitte hier.


Sonderseiten
EXB Handwerk
MoX-DIABOLO Ratgeber