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Der Bund blockiert05.03.2020
Text | Christoph Kienemann
In der vergangenen Woche beschloss der Oldenburger Stadtrat, mindestens fünf minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aus Lagern in Griechenland aufzunehmen. Damit will die Stadt ihrem Anspruch als „sicherer Hafen“ nachkommen. Dem Bündnis gehören mittlerweile 138 Städte an, deren Ziel es ist, mehr Menschen ein sicheres Ankommen in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Doch trotz der Willensbekundungen der Kommunen erlaubt das Bundesinnenministerium bisher keine Aufnahme Geflüchteter von den griechischen Inseln.
Im fünften Jahr des EU-Türkei-Deals befinden sich weiterhin Zehntausende Menschen unter Bedingungen auf den griechischen Inseln, die viele Beobachter*innen als katastrophal und menschenunwürdig bezeichnen. Unter den Geflüchteten sind tausende Kinder und Jugendliche, sie machen mehr als ein Drittel der derzeit rund 41.000 Geflüchteten aus. Von den Kindern sind wiederum 60 Prozent unter einem Alter von 12 Jahren. In den Flüchtlingslagern gibt es keinen Platz, an dem Kinder und Jugendliche geschützt leben können. Insbesondere fehlt es an Zugang zu ärztlicher Betreuung oder Bildung. In der Bundesrepublik stehen derweil viele Betreuungskapazitäten, die seit dem Jahr 2015 aufgebaut wurden, leer oder werden geschlossen. Problematisch ist zudem, dass viele der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Angehörige in der Bundesrepublik haben. „Ihre Aufnahme ist kein Gnadenakt, sondern beruht auf einem Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung über die Dublin-Verordnung.
Die Verfristung der Antragstellungen in Griechenland liegt auch an den katastrophalen Zuständen, die Europa mit dem EU-Türkei-Deal bewusst herbeigeführt hat“, kritisiert etwa die Organisation Pro Asyl. Bereits im letzten November versprach der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), sich bei seinen Amtskollegen und beim Bundesinnenminister für die Aufnahme der Geflüchteten einzusetzen: „Ich werde jetzt prüfen lassen, wie wir gerade dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen von Deutschland aus helfen können. Ich werde unter meinen Amtskollegen und bei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dafür werben, dass eine Koalition der Willigen in Deutschland und Europa sich um diese Kinder kümmert, damit sie etwa über Sonderkontingente schneller in andere europäische Länder gebracht werden.“
Bisher stellt sich das Bundesinnenministerium aber einer Aufnahme der Geflüchteten in den Weg. Während Frankreich anbot, bis zu 400 Geflüchtete aufzunehmen, macht Seehofer bisher kein solches Angebot. Demgegenüber erklärten Anfang Dezember 2019 die Bundesländer Berlin, Niedersachsen und Thüringen ihre Aufnahmebereitschaft für unbegleitete Kinder und Jugendliche aus Griechenland gegenüber dem Bundesinnenminister. Im Januar und Februar kamen die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und Rheinland-Pfalz dazu. „Es ist eine gemeinsame europäische Aufgabe, denjenigen, die einen Anspruch auf Asyl haben, zu helfen. Doch die für eine Aufnahme der Geflüchteten notwendigen Maßnahmen erfordern, wie die Sicherheitsüberprüfungen und die Visa-Erteilungen, eine Zustimmung des Bundesinnenministeriums.
Pro Asyl sieht in der Blockade des Innenministeriums die Fortführung einer immer rigideren Abschottungspolitik an den EU-Außengrenzen: Das Bundesinnenministerium (BMI) ist es, das durch seine Agenda einer Reform des Europäischen Asylsystems in Vorbereitung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 die Politik in Außenstaaten wie Griechenland mitbestimmt: Inhaftierungslager, Grenzverfahren, geschlossene Zentren an den Grenzen, Zwangsverteilung ohne Rechtsschutz.“
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