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Radziwill-Lichtspiele27.02.2020

Text  | Britta Lübbers

Unbekannte Flugobjekte über dem Jadebusen, ein durchschossener Stahlhelm zwischen Weidezäunen, beängstigende Himmelserscheinungen und das ebenso unspektakuläre wie schöne „Fenster meines Nachbarn“: Franz Radziwill konnte Katastrophe und Klarheit gleichermaßen. Neben Otto Dix und George Grosz gehört er zu den führenden Vertretern der „Neuen Sachlichkeit“. Zu seinem 125. Geburtstag wird der vielseitige Maler mit der nicht immer eindeutigen politischen Haltung mit Ausstellungen im Radziwill Haus in Dangast und im Oldenburger Schloss gewürdigt.
Franz Radziwill malte expressionistisch und sachlich, magisch, visionär und kühn. Der gelernte Maurer und Architekt aus einfachsten Verhältnissen war Soldat im Ersten Weltkrieg und musste u.a. in Russland kämpfen. Als Kriegsgefangener fasste er den Entschluss: „Wenn ich hier lebend rauskomme, werde ich Maler.“ Er kam lebend raus, er wurde Maler und gilt heute als Hauptvertreter der Stilrichtung „Neue Sachlichkeit“. Technik und Natur, moderne Erfindungen und ihre Auswirkungen auf den Menschen faszinierten ihn. Seine kompromisslose künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Themen macht ihn ungebrochen aktuell. Unumstritten ist er aber bis heute nicht. Seit 1921 lebte er in Dangast, wo er auf Anregung der Brücke-Künstler seine Staffelei aufstellte, ein Haus bezog und blieb. 1933 übernahm er die Professur des von den Nazis verjagten Paul Klee an der Düsseldorfer Akademie, erhielt aber schließlich selbst Ausstellungsverbot. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er Umweltaktivist, obwohl es dieses Wort noch gar nicht gab. Er warnte vor den Folgen des stetig wachsenden Tourismus in Dangast und kritisierte den Ausbau des Ölhafens und der Raffinerie in Wilhelmshaven. Bilder malte er so lange, bis eine Augenkrankheit ihn zum Aufhören zwang. Viele Jahre war Radziwill von der Kunstwelt nahezu vergessen. Erst in den späten 1960er Jahren begann die Wiederentdeckung seiner unverwechselbaren Arbeiten.
Das Franz Radziwill Haus in Dangast, in dem er bis zu seinem Tod 1983 lebte, und das Oldenburger Schloss zeigen aus Anlass des 125. Geburtstags des knorrigen Künstlers jeweils eine Sonderschau.
„Lichtspiele“ ist die Ausstellung in Dangast überschrieben (22. März bis 10. Januar 2021), „125 Werke zum 125. Geburtstag“ heißt die Schau in Oldenburg (21. März bis 23. August). Die Franz Radziwill Gesellschaft lädt in Dangast dazu ein, den Maler des Lichts zu entdecken. Mit der Präzision der Neuen Sachlichkeit und inspiriert von der Lichtmalerei des Barock schuf der Künstler fantastische Lichtinszenierungen. Viele seiner Bilder wirken, als sei ein riesiger Scheinwerfer auf sie gerichtet. Bereits in den 1920er Jahren ließ sich Radziwill von den Licht- und Schatteneffekten des damals neuen Mediums Film anregen und studierte zudem die Hell-Dunkel-Malerei der Niederländer. Ausgestellt werden Gemälde aus der Zeit zwischen 1923 und 1971. Die Schau bildet den Höhepunkt der fünfteiligen Ausstellungsreihe, die von der Franz Radziwill Gesellschaft zu seinem Jubiläums-Geburtstag am 6. Februar konzipiert wurde.
Auch das Landesmuseum Oldenburg nimmt den Geburtstag zum Anlass, den „Meister des Magischen Realismus“ mit einer Retrospektive zu würdigen. Erstmals wird der gesamte, über Jahrzehnte gewachsene Bestand präsentiert: von den radikalen, expressionistischen Frühwerken über die Hinwendung zur Magie der Wirklichkeit bis hin zu Motiven des Surrealismus und der New-Age-Bewegung im Spätwerk.
Zu beiden Ausstellungen gib es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Workshops, Führungen, Vorträgen und Filmvorführungen, einer Schreibwerkstatt für Kinder und einem Theaterprojekt. Weitere Informationen finden sich online unter www.radziwill.de.

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