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Die Luftlage über Berlin19.11.2019
Text und Foto: Britta Lübbers
Wow, das ist schrill und still, lakonisch und poetisch, was der Medienkünstler Andreas Letzel für den Schauraum im Stadtmuseum zusammengestellt hat. Die Ausstellung unter dem Titel „More is not enough“ zeigt einen Ausschnitt aus Letzels Schaffen in den vergangenen zehn Jahren. Der Oldenburger präsentiert Fotografien und Installationen, seine Arbeiten erstaunen und demonstrieren gleichermaßen Schalk und ernsten Hintersinn. Ob eine ausgediente mechanische Schreibmaschine, die Ankündigung eines Fliegeralarms im Weckglas oder ein ganzes Meer in einem winzigen Monitor: Diese Schau ist so vielfältig wie spannend.
Weckgläser machen Substanzen haltbar, sie verändern sie aber auch. Andreas Letzel arbeitet gerne mit den konservierenden Behältern, in der Ausstellung archivieren sie Verblüffendes. Auf einem hohen Sockel steht ein Glas, das von einer geschredderten Bildzeitung ausgefüllt wird. Die einst aktuellen Schlagzeilen sind nur noch wertlose Papierschnipsel, allein der Schriftzug „BILD“ ist unkaputtbar. Vor einem weiteren Glasbehälter wird man aufgefordert, den Deckel zu lüften. „Luftlagemeldung Berlin“ ist die Installation betitelt. Ok, Deckel anheben und lauschen: Zu hören ist eine schnarrende Männerstimme, die einen Bombenangriff ankündigt. „Wir kommen wieder“, lautet der letzte Satz. Dann erklingt Flugzeugdröhnen und Detonationsdonner. Schnell den Deckel zugemacht, das Böse ist verstummt.
An der Wand gegenüber ist eine Videoinstallation befestigt, drei Monitore hängen nebeneinander. Auf dem mittleren Bildschirm erscheint das Wort „No“, links und rechts sind die Schritte eines Fußgängers zu sehen. Setzt man die Szenen im Kopf zusammen, entsteht eine „No-go-Area“ – und man selbst ist mittendrin in dem, was eigentlich nicht betreten werden darf.
„Butterbrot“ ist eine Fotografie auf Brotpapier überschrieben. In einen barockgoldenen Holzrahmen wie für einen Alten Meister hat Letzel das Foto einer Stulle gesetzt, die mit dem Einpackpapier der Butter belegt ist. Die Folie glänzt ebenfalls golden und trägt den Schriftzug „Deutsche Markenbutter“. Das ist lakonisch, irgendwie lustig, aber durchaus auch ernst. Ebenso wie die alte Typen-Schreibmaschine, aus deren Walze Endlospapier bis über den Boden rollt – „ausgemustert“ hat Letzel die Szene genannt.
In einer Objektkiste ist ein Mini-Monitor untergebracht. Der Bildausschnitt zeigt eine winzige Boje, umspült vom endlosen Meer: „seascape“, leise und schön.
Andreas Letzel wurde 1965 in Friesoythe geboren, studierte von 1993 bis 1995 an der Academie Minerva in Groningen mit Schwerpunkt Medienkunst. Er hat in den 1990er-Jahren an verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen in den Niederlanden mitgewirkt. Im Nordwesten Deutschlands und in Berlin ist er bis heute präsent. 2016 waren seine Arbeiten in der Ausstellung „Freund, Fremd, Feind?“ in der Lamberti-Kirche Oldenburg zu sehen. In diesem Jahr war er erster Preisträger des karitativen Kreativwettbewerbs „Oldenburger Tüte“, bei dem die schönste Einkaufstüte gestaltet werden sollte.
Man wünscht sich mehr von Andreas Letzel zu sehen, aber schon jetzt ist klar: Mehr ist nicht genug.
Andreas Letzel
More is not enough
Stadtmuseum Oldenburg
Noch bis zum 8. Dezember
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