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Noch immer kein Bock auf Nazis19.03.2025



Interview: Thea Drexhage Foto: Bastian Bochinski

MoX: Eure erste neue Single „Nicht allein“ ist seit einem Monat draußen und kann als Durchhaltehymne gesehen werden für jene, die in den aktuellen Zeiten ins Zweifeln kommen. Um es mit den Worten Eurer Bremer Kollegen vom Team Scheisse zu sagen: Hättet Ihr nicht auch mal Lust, Euch um schöne Dinge zu kümmern?
Joshi: Ja absolut, aber ich sehe es andersrum: man kann als Band auch einfach immer die Schnauze halten und sich zu nichts äußern außer saufen, ficken, Fernsehen und Fußball vielleicht noch und dann fährt man wunderbar. Jedes Festival liebt einen, alles super, oder man hat Interesse dran, die Welt auch ein Stück besser zu machen und dann sagt man eben das, was man denkt. Das machen wir seit vielen vielen Jahren und für mich persönlich ist das viel erfüllender. Das ist auch mein Verständnis von Punk: man sagt, was man blöd findet in dieser Welt, in dieser Gesellschaft und kann die eigene Wut über Musik äußern und sagen, was sich ändern muss. Und vielleicht gibt man noch ein paar Vorschläge dazu, wie es sich ändern kann. Das ist die Sache, die uns antreibt, neben der großartigen Musik und den tollen Konzerten, die wir mit ganz vielen wunderschönen Menschen verbringen dürfen.
MoX: Der Song kam in einer Zeit raus, in der unser zukünftiges Staatsoberhaupt aus der vermeintlich politischen Mitte gemeinnützige Vereine und zivilgesellschaftliches Engagement komplett hinterfragt. Das konntet Ihr beim Schreiben des Songs noch nicht wissen, was hattet Ihr für ein Szenario im Kopf?
Joshi: Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Realität da den Song so überrollt hat. Als wir den geschrieben und aufgenommen haben, da stand auch noch nicht die vorgezogene Wahl oder der AFD-Parteitag in Riesa oder Trump auf dem Plan. Wir merken an allen Enden und Ecken, dass es jetzt ganz viel Mut und Kraft für alle braucht, die nicht aufgeben wollen, die die Menschenrechte weiter verteidigen wollen und daran glauben, dass man sich weiter für etwas Besseres einsetzen muss. So ist der Song gedacht und das kriegen wir von ganz vielen Menschen regelmäßig gespiegelt. Die sagen: „Ey, ich war auf ‘nem Konzert von euch und das hat mir so viel Kraft gegeben und da waren so viele tolle Leute.“ Und das freut mich, dass wir den Leuten scheinbar etwas geben.
MoX: Was erwartet die Hörer*innen auf der neuen Platte noch?
Joshi: Nur Hits! (lacht) Nein, wir verarbeiten politische Sachen aber auch persönliche. Die nächste Single ist eher eine Art Partysong, wo es um wilde Konzerte in WGs und Wohnzimmern geht, die wir früher sehr gerne gemacht haben. Auch heute spielen wir zum Teil noch sehr kleine und chaotische Konzerte. Das Album ist ein bunter Strauß an Themen und auch musikalisch haben wir gesagt, dass wir uns nicht so sehr versuchen einzuschränken, sondern machen die Songs so, wie sich das richtig anfühlt.
MoX: Kein Bock auf Nazis habt ihr 2006 mit einer DVD ins Leben gerufen als Reaktion auf staatliche Kürzungen für Fördermittel für Initiativen gegen rechts. Daraus ist nun diese wahnsinnig große Initiative geworden, die sich an junge Menschen richtet. Ist es nicht auch ernüchternd, dass diese 20 Jahre später immer noch so relevant ist?
Joshi: Das ist immer eine Frage der Perspektive. Natürlich würde ich mir wünschen, dass die Kampagne nicht mehr notwendig wäre, aber jetzt sind es nun mal andere Zeiten und da sehe ich es andersrum. Ich freue mich, dass wir über all die Jahre diese Kampagne so groß gemacht haben. Ich sitze jeden Tag im Büro und arbeite daran. Ich bin der Chef von allem und habe neun feste Angestellte, die Tag und Nacht gegen Nazis, Rechtsruck und AFD kämpfen. Das freut mich. Wir können ganz vielen Leuten und Gruppen in ihrem Engagement helfen und das finde ich wunderschön. Jetzt vor der Bundestagswahl haben wir uns wahnsinnig verausgabt und so krasse Sachen wie diese riesigen Proteste in Riesa durchgezogen. Es ist schön, dass wir etwas bewegen können, auch, wenn es am Ende nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist.
MoX: Hast du einen Rat für Jugendliche, damit diese eben nicht den Kopf in den Sand stecken?
Joshi:Ich denke, das Wichtigste ist zu wissen: Ihr seid nicht allein. Es gibt super viele Leute da draußen die auch weitermachen. Ich weiß auch, dass die nächsten Jahre hart werden, aber ich glaube wir müssen uns fragen, auf welcher Seite der Geschichte wir stehen wollen, wenn uns unsere Kinder später fragen, was wir eigentlich gemacht haben.
MoX:Die aktuellen Sondierungspapiere sehen keine einzige Maßnahme gegen Rechtsextremismus vor. ..
Joshi:Das ist wenig überraschend. Wir haben ja gesehen, wie viel Hass er gegen Menschen hat, die sich für Demokratie und gegen Nazis einsetzen, weil sie zu Recht seine Partei kritisieren. Wir gehen da auf schlimme Zeiten zu. Deshalb bin ich froh, dass wir mit Kein Bock auf Nazis keine Fördergelder kriegen – wir kriegen nicht einen Cent vom Staat, sondern finanzieren uns durch Spenden ganz vieler Einzelpersonen und sind da sehr sicher. Wir können sagen, was wir wollen und das kann uns niemand verbieten – aber es gibt ja leider sehr viele ganz wichtige Projekte, die jetzt um ihre Finanzierung bangen müssen.
MoX:Ihr reagiert nicht nur mit Kein Bock auf Nazis auf das Zeitgeschehen, sondern auch als Künstler. Wie viel Macht hat man da auf der Bühne?
Joshi: Wir werden immer gefragt, ob Musik verändern kann. Ich würde sagen: nein. Aber wir können ein Soundtrack sein für soziale Bewegung, für Protest, für Menschen, die etwas verändern wollen. Und das ist sehr viel wert. Es gab immer Musik die soziale Bewegungen begleitet hat: Rage Against The Machine, Public Enemy, The Clash. Und wenn wir auch ein bisschen was beisteuern können, unsere Lieder laufen ja oft auf Demos, dann freue ich mich sehr darüber.
MoX: Was Schönes zum Schluss: Ihr geht auf Tour. Ein paar Termine führen in unsere Region – darunter ist auch ein Kinderkonzert in Hamburg. Spaß oder politische Früherziehung?

Joshi: Nee, ich habe keinen Bock Sechsjährige politisch zu erziehen, das wäre ein bisschen wild. Das ist eigentlich aus einer Spaßidee heraus geboren. Wir haben 7 Bandkinder und viele Freunde mit Kindern. Vor drei Jahren in Berlin haben wir gesagt: lasst uns doch einfach alle Freunde mit Kindern einladen und die Kita – nach dem Soundcheck spielen wir eine halbe Stunde nur für die Kinder. Da kamen dann 70 Leute und das war total lustig und dann haben wir gesagt: lasst uns das wieder machen. Dann waren es 150 Leute und 2024 dann 600 und das, obwohl es nie öffentlich angekündigt wurde. Und dann kamen Anfragen aus ganz vielen anderen Städten und darauf haben wir gesagt: Ok, das machen wir jetzt einfach! Wir dachten mit 15 Euro Eintritt kann das so ungefähr die Kosten decken, wenn ein paar Leute kommen und dann haben wir innerhalb 24 Stunden 3500 Tickets verkauft. Das ist so verrückt und wir freuen uns, dass so coole Eltern und Kinder kommen. Wir lassen auch gerade ein Kinderbuch zeichnen, von einem Kind auf dem ersten Konzert und das kriegen dann alle geschenkt. Es gibt ja viele Kinderbands, aber das ist dann oft sehr peinliche Kindermusik – bei uns gibt es ein echtes ZSK-Konzert, wir biedern uns da nicht an. Das genießen auch die Eltern total.


ZSK in der Region:
4.7.25, Wiesmoor Rockt Vol.2
6.11.25, Bremen, Kulturbahnhof Vegesack

29.11.2025, Hamburg, Große Freiteit (Kinderkonzert)

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