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FünfzehnUnten – Geschichten aus der Wohngemeinschaft  Alteneschstraße25.01.2022















Text und Foto: Laura Altenbach
„Wir haben uns grade über dich unterhalten“, begrüßte Insa Felix am Feuer, um das sich die FünfzehnUnten nach Einbruch der Dunkelheit versammelt hat. „Darüber, dass du anscheinend überhaupt nicht gut auf Philosophie zu sprechen bist“, fügt sie grinsend hinzu. „Ja, es ist ja auch einfach unnötig, sich Fragen zu stellen wie, was war zuerst da, das Huhn oder das Ei!“, grummelt unser Besuch zurück, der wahrscheinlich genau in diesem Moment schon bereut, sich doch noch aus seinem Zimmer in die Kälte herausgetrollt zu haben. „Das Huhn natürlich“, geht Insa direkt darauf ein und wird in ihrer Entscheidung von Leire unterstützt. Dass Felix anderer Meinung ist, war abzusehen. „Natürlich das Ei! Aber es macht wie gesagt keinen Sinn, diese Frage überhaupt zu klären, weil die Philosoph:innen, nachdem die Antwort auf eine Frage gefunden wurde, einfach die nächste Frage stellen und das geht dann endlos so weiter! Warum soll man sich dann überhaupt damit beschäftigen irgendwas zu beantworten?!“. Kein schlechter Einwand. Erst letztens ging es in der WG um Astronomie und darum, dass man mittlerweile nicht nur weiß, dass sich unser Universum ausdehnt, sondern es sogar Gerätschaften gibt, mit denen man bereits bis zu dessen Rand messen kann. Natürlich ist die naheliegendste Frage: Und was ist dahinter? Und wen interessiert das bitte nicht? Es steckt wohl in jeder/m ein/e kleine/r Philosoph:in. ABER: Unabhängig davon, dass man dies bislang leider wohl noch nicht herausfinden konnte, scheint Felix mit seiner Behauptung nicht ganz Unrecht zu haben oder vielleicht sogar genau ins Schwarze zu treffen, denn was würde wohl passieren, wenn man diese Frage irgendwann beantwortet und genau beschreiben kann, was hinter der Grenze unseres (anscheinend fast runden) Universums liegt? Klar: Man würde wissen wollen, was hinter dieser zweiten Sphäre liegt und so weiter und so fort. Wenn man also wie Felix nicht daran glaubt, irgendwann eine zufriedenstellende Antwort zu bekommen, kann man vielleicht verstehen wenn er sagt: „Das macht einfach nur traurige Menschen.“. „Naja, aber zum Beispiel ist es doch so, dass man auf einer Reise, die meist ein bestimmtes Ziel hat, auf dem Weg dorthin super viele neue Sachen lernt und sich weiterentwickelt und neu erfindet. Das passiert auch ohne, dass man das Ziel erreicht“, kontern die anderen. „Das missversteht ihr“, grinst wiederum Felix und läuft zu seiner metaphorischen Höchstform auf: „die Philosoph:innen sind wie Esel, die einer Karotte hinterherlaufen. Sie haben ihr Ziel die ganze Zeit vor Augen, ohne es jemals erreichen zu können (nur, dass die Denker:innen das im Gegensatz zu den Esel:innen wissen, was vielleicht noch trauriger ist), und dabei legen sie zwar weite Strecken zurück, bekommen aber nichts mit von dem was um sie herum geschieht!“. Es folgt ein dramaturgischer Spannungsaufbau, beziehungsweise eine Sprechpause, bevor Felix mit den großen Worten abschließt: „Dann glaube ich lieber an Gott!“. Das dies nun das Ergebnis seiner Überlegungen wird, hat wohl niemand erwartet. „Das macht doch noch viel weniger Sinn! Wenn man weiß, dass man auf eine Frage keine Antwort hat und sich dann trotzdem eine gibt, weil offene Fragen zu traurig sind, dann ist das doch überhaupt nicht zufriedenstellend“, überlegt Insa. Man bedenke, dass sie ein Theologie-Studium absolviert und in der FünfzehnUnten wohl am wenigsten von der Idee eines Gottes abgeneigt ist. Mittlerweile ist das Feuer in der Tonne immer kleiner geworden und noch bevor Dario neues Holz nachwerfen konnte, hat Felix schon längst die Flucht zurück in sein Zimmer ergriffen. Durchgefroren und verkatert macht ein bisschen Denksport wohl nicht wirklich viel Spaß. Vor allem vielleicht wenn es darum geht, ob unbeantwortbare Fragen beantwortet werden sollten oder nicht. Vielleicht solllte man anstatt wie Esel:innen durch die Welt zu spazieren, lieber eine/n als Wanderkumpanen mit auf große Reise nehmen. Mit solchen Ideen wird man nämlich schon mal von Janna morgens in der Küche begrüßt, woraufhin man dann beim ersten noch etwas verschlafenen Kaffee von einem Youtube Video unterhalten wird, indem es um eine junge Schauspielerin geht,die kurzerhand einen Stall in ihren umgebauten Bulli integriert hat und seitdem mit ihrem langohrigen, wolligen und ziemlich verschmusten Eselfreund Ausflüge ans Mittelmeer oder an den Atlantik unternimmt. Philosophisch kann es dabei auch ruhig mal werden, denn anscheinend sind Esel sehr gute Zuhörer:innen und vorallem scheinen sie immer derselben Meinung zu sein, wie man selbst. Man hört zumindest selten Widerworte oder Einwände, von den angeblich sonst so sturköpfigen Tieren.

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