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Künstler von Hier: 11 Fragen an … Shirin Khorram08.01.2020



Text und Foto  | Karin Eickenberg

Treffsicher und mit schnellen Strichen erfasst sie ihre künstlerischen Psychogramme, überzeichnet, übermalt, lässt Spannung und Risse entstehen. Denn auch darum gehe es: Den Mut zu haben, sich zu öffnen, die Maske abzulegen, die eigenen verletzlichen Seiten anzunehmen. Schirin Khorram ist in Oldenburg geboren und aufgewachsen. Nach dem Studium an der Bremer  Hochschule für Künste arbeitete sie viele Jahre lang als Grafikdesignerin und Illustratorin für Verlage und Werbeagenturen. Seit 2010 lebt sie als freie Künstlerin in Augustfehn. Ihre Ausstellungen im In- und Ausland begleitet Khorram zunehmend auch mit eigenen Texten und Lesungen.
- Gerade aktuell zu sehen und zu hören im Forum St. Peter, Oldenburg.  

DIABOLO: Wie sind Sie zur Malerei gekommen?
Khorram: Schon als Kind war ich ständig und überall mit Stift und Zeichenblock unterwegs. Die Leinwand habe ich während meines Grafikdesign-Studiums für  mich entdeckt. Dort waren ja eher die Fächer Fotografie, Film und Illustration auf dem Lehrplan. Als ich damals die Malerei der Neuen Wilden gesehen habe, hat es mich umgehauen. Ich habe anfangs diese Art von Kunst als ein Ventil für mich genutzt und mich nächtelang an großformatigen Leinwänden ausgetobt. Dann kamen auch relativ schnell die ersten Ausstellungen.
DIABOLO: Was möchten Sie mit Ihrer Kunst bewirken?
Khorram: Lange Zeit habe ich darüber gar nicht nachgedacht sondern einfach gemalt, weil ich malen musste...habe einfach vieles über die Malerei verarbeitet. Meine Erfahrungen, meine Persönlichkeit, steckt in jedem meiner Bilder und vielleicht findet der Betrachter sich ein Stück im Bild wieder, fühlt sich inspiriert oder erkannt. Meine Künstlerseele möchte die Menschen berühren. Inzwischen gehe ich konzeptioneller an meine Projekte, das heißt, ich arbeite an Themen, die mich berühren und interessieren und verfasse auch Texte, die das Gemalte dann ergänzen. Durch meine Lesungen erlebe ich einen weiteren Zugang zum Publikum.  
DIABOLO: Mit welchen Themen setzen Sie sich auseinander?
Khorram: Mit dem Menschen, dem Leben. Ich baue immer eine Geschichte um meine Figur, was hat sie gerade erlebt, was empfindet sie. Es  ist mir wichtig, Emotionen und Wesenszüge zu erspüren und auf die Leinwand zu bringen. Oft kommt eine brüchige, melancholische Seite auf den Bildern zum Vorschein, die wahrscheinlich auch zu meinem Wesen gehört. Auf der anderen Seite liebe ich es, skurrile Geschichten um meine Figuren zu bauen, wie das Porträt von Marilyn Manson, der in der Küche seiner Großmutter sitzt und vom Wellensittich gebissen wird. Meine Musikbegeisterung ist in meiner Serie „Rock Ikonen“ spürbar. Für diese Porträts habe ich mich in die Biografien der Musiker vertieft, bevor ich sie gemalt habe. Aber es ist immer der Mensch, das Porträt, das im Mittelpunkt meiner Arbeit steht.
DIABOLO: Wo und wie arbeiten Sie?
Khorram: Ich habe mein Atelier in Augustfehn, mit einem wunderbaren Blick auf einen großen alten Baum bei uns im Garten. Da kann ich spontan zu jeder Zeit und im Sommer auch nachts arbeiten. Oft liegt mein guter alter Golden Retriever bei mir, Musik läuft im Hintergrund und ich vergesse Raum und Zeit, wenn ich mit Stiften, Pinseln und Händen arbeite.
DIABOLO: Ihre kreative Eigen-Art?
Khorram: In meinen Bildern ist immer das zeichnerische Element zu finden, ich bin vom Herzen her eher Zeichnerin als Malerin. Oft finden sich Elemente der Streetart und der Kunst der 20er Jahre in meinen Bildern, beides hat mich sehr inspiriert. Ich liebe die Vielfalt und ich liebe es, mich auszuprobieren. „Die 7 Todsünden“ sind zum Beispiel eher aggressiv und überzeichnet, lebensgroß und wild, kraftvoll und männlich. Und dann gibt es zarte, melancholische und märchenhafte Figuren, die wie aus einer anderen Zeit wirken...wiederum sehr weich und weiblich.  
DIABOLO: Ein Höhepunkt in Ihrer bisherigen Arbeit?
Khorram: Da gab es viele. Wunderbare Ausstellungen waren das Palais Rastede oder das Kloster Neuburg bei Wien. Mein Bildband, der entstanden ist zu den „7 Todsünden“, in dem Autoren wie Lilo Wanders oder Pater Anselm Grün Texte zu meinen Arbeiten verfasst haben. Die Inklusionsprojekte, die ich machen durfte und den Spaß, den wir alle dabei hatten. Der Beat Club im alten Jade Bad mit meinen Rock-Ikonen und der Radio Bremen-Crew...ich bin wirklich sehr dankbar für die vielen Begegnungen und die intensiven Momente, die mit meiner Arbeit zu tun haben.
DIABOLO: Ein aktuelles Projekt?
Khorram: Im nächsten Jahr arbeite ich mit der Nordkirche in Hamburg zusammen für ein großes Projekt, das sich mit dem Thema Tod auseinandersetzt. Es werden Lesungen, Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Meine Absicht ist es, mich der Thematik offen zu nähern und die vielen Facetten aufzuzeigen, die mit Abschied und Tod zu tun haben. Es ist so berührend und es ist das, was uns letztendlich alle verbindet.
DIABOLO: Wo ist Ihre Kunst zu sehen?
Khorram: Ich habe einige Jahre mit einem Galeristen zusammengearbeitet, inzwischen finden viele Interessenten über meine website zu mir. Zur Zeit hängen meine „Rock Ikonen“ in Hamburg und meine Ausstellung „Mystische Momente oder der Klang der Stille“ ist im St. Peter Forum in Oldenburg zu sehen. Beide Ausstellungen laufen bis zum 31. Januar 2020. Das neue Projekt wird in Hamburg beziehungsweise Schleswig-Holstein zu sehen sein. Ansonsten freue ich mich natürlich auch über interessierte angemeldete Besucher, die sich Arbeiten in meinem Atelier anschauen möchten.
DIABOLO: Was bedeutet Erfolg für Sie?
Khorram: Jeder Künstler kommt einmal an den Punkt, wo es scheinbar nicht weitergeht oder bestimmte Stilrichtungen den Markt beherrschen. Es ist so wesentlich, sich nicht zu verbiegen und das auszuhalten, auch, wenn das Geld mal nicht so fließt. Ich habe schon einige Auftragsarbeiten abgelehnt, die mir nicht entsprachen. Erfolg heißt für mich, sich treu zu bleiben, sich seiner Freiheit bewusst zu sein und sie zu bewahren.
DIABOLO: Wie lebt es sich als Künstler im Oldenburger Land?
Khorram: Als ich vor 8 Jahren meinem Mann von Oldenburg nach Augustfehn folgte, brauchte ich erst mal meine Zeit, um anzukommen. Eine damals vegan lebende Künstlerin, nicht unbedingt ein Vereinsmensch, ist in einer Hochburg der Grillfeste und der Vereinskultur gelandet...tataaa! Mit der Zeit habe ich mich dann doch ganz gut eingelebt. Das Leben auf dem Land erdet und ich habe hier inzwischen viele Dinge für mich entdeckt, die ich in einer Großstadt nicht so einfach hätte umsetzen können. Zum Beispiel Inklusionsprojekte konzipieren, eine Galerie aufbauen, die freie Natur genießen...just me and my dog...aber ich brauche und suche auch das Stadtleben, das Eintauchen in die Vielfalt, die Eindrücke, die kulturellen Angebote.  
DIABOLO: Ein Wunsch, ein Plan, eine Vision?
Khorram: Ich möchte 2020 wieder einen schönen großen Raum in Oldenburg oder am Stadtrand finden, in dem ich mein Atelier einrichten und mit Menschen arbeiten kann. Dort finden dann Ausstellungen, Seminare und kulturelle Veranstaltungen statt. Ach ja...und einen Menschen, der fit in der virtuellen Welt ist und mich und meine Kunst unterstützt. Ansonsten wünsche ich mir inspirierende Begegnungen, wunderbare Ausstellungsorte im In- und Ausland und dass meine „7 Todsünden“ ihren Weg in eine Sammlung finden...let ist flow.
 
Kontakt: www.schirin-khorram.de

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