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DIABOLO Wochenzeitung:
Wenn die Tierflüsterin erzählt - Eva Meijer im Wilhelm13 über ihr Buch „Das Vogelhaus“09.05.2019



text  |  Horst E. Wegener

Die Großstadthektik war der 44-Jährigen zusehends mehr über den Kopf gewachsen – und da „Len“ als jüngstes von vier Kindern in einer wohlhabenden, musischen Familie in Wales anno 1894 das Licht der Welt erblickt hatte, erschien der Berufsmusikerin die Möglichkeit, fernab vom Londoner Trubel Ruhe zu finden, dank der Erbschaft machbar. Der Umzug eröffnete zudem Chancen, jene in der Kindheit liebgewonnene Vogelbeobachtung endlich wieder aufnehmen zu können. Gesagt, getan – bald lebte die Naturkundlerin in ihrem Haus in einer Art WG mit ihren kleinen gefiederten Freunden zusammen. Ihre Vogelstudien, die „Len“ zu Artikeln und Büchern inspirierte, wurden zwar gedruckt, aber von Fachleuten nicht ernst genommen. Und gerieten in Vergessenheit.
Erst „Das Vogelhaus“, jene dokufiktive Bio mit der die Niederländerin Eva Meijer vor ein paar Jahren an die 1973 verstorbene Gwendolen „Len“ Howard erinnern mochte, ruft uns deren Lebensleistung wieder ins Gedächtnis. Das wenige, das man über „Len“ weiß, puzzelt Meijer zu einem fiktionalen Leben zusammen und ergänzt es durch Passagen aus Howards nurmehr antiquarisch erhältlichen Aufzeichnungen. Dabei profitiert die 1980 im niederländischen Städtchen Hoorn geborene Multibegabung Meijer – als bildende Künstlerin, Singer-Songschreiberin und Autorin aktiv und erfolgreich –, ungemein davon, dass sie in allererster Linie keine Biologin, sondern Philosophin ist. Der Stil all ihrer Bücher und Kurzgeschichten wirkt literarisch und sehr lebendig. Man spürt, wie sehr die promovierte Akademikerin für ihre Themen brennt – insbesondere, wenn es um Tiere geht. Mit „Die Sprachen der Tiere“ hat Dr. Doolittles philosophische Verwandte vor ihrem mehrfach preisgekrönten Bestseller „Das Vogelhaus“ schon ein ebenfalls ins Deutsche übersetztes Sachbuch vorgelegt, dessen Titel Teil der Botschaft ist: Ob Piepmatz, Gorilla, Border Collie oder Tintenfisch, sie alle sprechen – wobei laut Meijer „Tintenfische mit ihren Armen denken“. Für „Die Sprachen der Tiere“ werden fleißig Forschungsbefunde gesammelt, und umgehend mit Wittgenstein, Heidegger und anderen Geistesgrößen sprachphilosophisch in Form gebracht. Das mag all jene Leser irritieren, denen da das Buch „Zoopolis“ in den Sinn kommt, woraufhin ein Nachdenken über Bürgerrechte für Tiere in Gang gesetzt werden könnte. Bei der Wissenschaftlerin Eva Meijer gipfeln derlei Betrachtungen in Überlegungen wie: „Nach heutigen Maßstäben wäre es für die meisten Tiere wohl wirklich schwer, Wahlkampf zu führen und an Parlamentsdebatten teilzunehmen. Das heißt aber nicht, dass ihre Teilhabe unmöglich oder nicht erwünscht ist“. Eine fürwahr denkbar schräge Vision, der man beim Besuch der Niederländerin im Wilhelm13 auf den Grund gehen könnte. Auch wenn die Vorstellung von „Das Vogelhaus“ eigentlich Anlass von Eva Meijers Lesereisestopp in Oldenburg ist, sollten anregende Gespräche darüber hinaus allemal möglich und wünschenswert sein.

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